CRUX SANCTI PATRIS
BENEDICTI
Die Benedikt-Medaille
Facetten der
Benedikt-Verehrung und benediktinischer Frömmigkeit
Ein Denkmal in Kornelimünster
Neben
der Kapelle im sogenannten Klauser-Wäldchen bei Kornelimünster steht
ein Gedenkstein, der an die Schenkung des Wäldchens an die
Pfarrgemeinde Kornelimünster erinnert.
Die lateinische Inschrift auf dem Stein lautet: MUNIFICENTIA
FRIDERICI III REGIS
BORUSSORUM CIRCUMIACENS SILVULA ECCLESIAE
CORNELIO=MONASTER. DONATUR. III. NON. FEBR. MDCCCXIX. Übersetzt lautet der Text:
"Durch die Großzügigkeit
Friedrich Wilhelms III., Königs der Preußen, wird das
umliegende Wäldchen der
Kirche von Kornelimünster geschenkt. 3. Februar 1819."
Während dieser Text
- zumindest dem
Lateinkundigen - keine Schwierigkeiten bereitet, dürfte das Kreuz oben
auf dem Stein mit seinen Buchstaben den meisten Betrachtern ein Rätsel
sein. Auf dem senkrechten
Kreuzbalken liest man die fünf Buchstaben CSSML, auf dem
waagrechten ebenfalls fünf Buchstaben NDSMD. In den vier
Kreuzecken sind als einzelne Buchstaben zu sehen CSPB.
Die Auflösung
dieser "Rätsel-Buchstaben" ist in der benediktinischen
Vergangenheit des Ortes
Kornelimünster, - genauer:
in einer alten Benedikt-Verehrung zu finden. Dabei
ist schon ein wenig verwunderlich, dass siebzehn Jahre nach der
Auflösung der alten Reichsabtei und anläßlich eines offiziellen
Aktes, der den geschichtlichen Schlußstrich von 1802 noch einmal
unterstreicht, ein so positives Zeichen der Erinnerung an die 1000jährige
benediktinische Geschichte des Ortes gesetzt
wurde.
Das
Benediktus-Kreuz
Die
Buchstaben und ihre Anordnung sind einem Kreuzsegen entnommen, der
erstmals 1414 in einer Miniatur einer Bibelhandschrift des Klosters
Metten belegt ist [1].
Die Zuordnung zu anderen Miniaturen auf derselben Seite des Codex legt
nahe, dass die Mönchsgestalt mit dem Kreuz in der rechten und einem
Schriftband in der linken Hand nicht der heilige Benedikt sein soll,
sondern die personifizierte Gestalt der religio, die sich mit dem
Segen gegen die im Nachbarbild dargestellte figura mundi Frau
Welt und die in ihr verkörperten Laster wendet [2].
Auf
dem Kreuzschaft ist der Text ausgeschrieben, dessen
Wort-Anfangsbuchstaben auf den Benedikt-Medaillen in das Kreuz
eingetragen sind. Das Schriftband spricht die Worte, deren
Anfangsbuchstaben als Umschrift die Kreuzseite der Medaille bestimmen.
Welche
Bedeutung der Segen in der Frömmigkeit der Folgezeit hatte, lässt sich
nicht bestimmen. Der Segen gewinnt im 17. Jahrhundert neue Aktualität
und wird nun eindeutig dem hl. Benedikt zugeschrieben. In seinem Buch
Thesaurus anecdotorum hat 1721 der Prior von Melk, Bernhard Pez,
das Mettener Bild zu einem Holzschnitt umgearbeitet. Das Buch von Pez
hat sicher nicht unwesentlich zur Verbreitung des Segens und der ihn
wiedergebenden Medaille beigetragen. Die benediktinische Restauration im
Zuge der Romantik, - das Engagement Dom Prosper Guerangers, des Gründunsgsabtes
von Solesmes, und die Prägung der Jubiläumsmedaille zum 1400.
Jahrgedächtnis der Geburt Benedikts 1880 haben die Verbreitung der
Medaille und des Segens weiter gefördert.
Die Benedikt-Medaille
Als
Medaille war und ist der alte Segen im Benediktinerorden und bei seinen
Freunden weit verbreitet.
Die vier
Buchstaben in den Kreuzecken sind gewissermaßen eine Überschrift über
den Segenstext und die ganze Medaille. Sie identifizieren den Segen als
einen Benediktus-Segen: "Crux Sancti Patris Benedicti - Kreuz des
heiligen Vaters Benediktus."
Die
Buchstaben auf den Kreuzbalken - zuerst senkrecht,
dann waagrecht zu lesen - kürzen
die Kernworte des Segens ab. "Crux Sacra Sit Mihi Lux / Non Draco
Sit Mihi Dux - Das heilige
Kreuz soll mir Licht sein. / Der Drache
soll mir nicht Führer sein."
Die
Buchstaben der Umschrift -
zu lesen von rechts oben - erweitern die Kernworte um zweimal zwei
Verse: "Vade Retro Satana / Numquam Suade Mihi Vana // Sunt Mala
Quae Libas / Ipse [3]
Venena Bibas - Weiche zurück, Satan; / niemals verführe mich zu
Nichtigem. // Schlecht ist, was du darreichst; selbst trinke das
Gift."
Über dem
Kreuz ist auf der Medaille noch das Wappenwort des
Benediktinerordens PAX zu lesen. Im Zusammenhang der Medaille, darf es
sicher auch als Hinweis auf die Frucht des Segens, den Frieden, gedeutet
werden. Auf älteren Medaille ist an seiner Stelle das
Christusmonogramm IHS zu
finden.
Die Bildseite der Benedikt-Medaille
Während es
für das Segenswort des Benediktus-Kreuzes offensichtlich einen festen
Gestaltungskanon gibt, weist die Bildseite bei verschiedenen Medaillen
eine größere Variationsbreite in der Gestaltung auf.
Gemeinsam
ist den beiden Medaillen, deren Bildseiten wir wiedergeben, natürlich
die Darstellung der Person des heiligen Benedikt. In beiden Fällen hält
der Heilige ein Kreuz in der rechten Hand und ein Buch - die Ordensregel
- in der linken Armbeuge und doch sind in der unterschiedlichen Dynamik,
wie diese Symbole dem Betrachter entgegentreten, schon
Akzentverschiebungen zu erkennen. Auf beiden Medaillen gemeinsam
ist auch der ausgeschriebene Text CRUX S. P. BENEDICTI bzw. CRUX
S. PATRIS BENEDICTI. Dieser
ausgeschriebene Text weist
die Rückseite der Medaille mit ihren Buchstabenkürzeln als die
eigentliche Hausptseite aus. Dass diese Buchstabenseite die wichtigere
ist, ist auch schon daran zu erkennen, dass es für sie einen festen
Gestaltungskanon gibt.
Größere
Unterschiede der beiden Medaillen-Bildseiten sind in den zwei
weiteren, dem Heiligen
beigegebenen Symbolen und in der Umschrift bei der runden Medaille, die
der ovalen Medaille ganz fehlt, festzustellen.
Auf
der älteren, ovalen Medaille tritt uns der Heilige gleichsam in einer
Momentaufnahme entgegen. Der Faltenwurf des Gewandes läßt Spielbein
und Standbein unterscheiden. Mit demonstrativ erhobenem Kreuz - dem
Kreuzsegen - geht er buchstäblich gegen das Böse (den Bösen) vor. Der
Kopf und Blick ist leicht zur Seite gewandt und folgt der Richtung des
Kreuzes in seiner Hand. Das geschlossene Regelbuch in der Armbeuge hat
gegenüber dem Kreuz in dieser Darstellung eine deutlich geringere
Bedeutung. Das Fehlen jeglichen Hintergrundes läßt die Gestalt wie
einen Missionar auf einer Anhöhe erscheinen, der einer größeren
Volksmenge das Evangelium verkündet.
Zu Füßen
des Heiligen ist links eine Mitra und rechts ein Vogel (ein Rabe) zu
erkennen. Die Mitra weist ihn nicht einfach nur als Abt, sondern mehr
noch als Prälaten der Kirche aus;
das Abt-Symbol im engeren Sinn wäre der Hirtenstab gewesen.
Auf den Raben wird weiter unten näher einzugehen sein.
Die
jüngere, runde Medaille, die heute die fast allgemein übliche ist,
wird als Jubiläums-Medaille bezeichnet. Sie ist 1880 anläßlich des
1400. Geburtstags des heiligen Benedikt erstmals geprägt worden. Unten
auf der Medaille ist ein Hinweis auf diesen Ursprung zu finden. EX
S. M. CASINO / MDCCCLXXX - Montecassino,
1880.
Die
bildnerische Gestaltung ist im
strengen Stil der sog. Beuroner Kunst gehalten, die stark vom
hieratischen Stil der altägyptischen Kunst geprägt
war. So ist ein Medaillenbild entstanden, das uns in seiner
steifen Statik vielleicht fremd anmutet, aber in derselben
Charakterisierung könnte
man ihm auch einen zeitlosen Charme zusprechen. Das Zusammenspiel von
streng abgezirkelten Kreisen und Linien und vollkommener Symmetrie
bestimmen den Eindruck.
Der Heilige
steht vor einem thronähnlichen Hintergrund dem Betrachter frontal gegenüber.
Die fein schraffierte Umgebung dieses "Throns" läßt an ein
Halbdunkel denken und suggeriert - zusammen mit dem
"Thron" - einen Raum im Inneren eines Klosters, etwa
den Kapitelsaal.
Das Haupt
des Heiligen ist mit der Kapuze des Habits bedeckt. Eine Mitra entdecken
wir auf der Jubiläums-Medaille nicht. Benedikt ist ganz Mönch, - nicht
Prälat.
Der
Heiligenschein ist zu einer Strahlensonne ausgestaltet, möglicherweise
eine bewußte Anspielung auf Jesus Christus, der als "Sonne der
Gerechtigkeit" [4]
der Heiligende "hinter" den Heiligen ist. Der Sonnen-Nimbus
ist auf der Medaille gleichzeitig auch ein integrierendes Element des
"Thrones", vor dem Benedikt steht.
Wie auf der
älteren Medaille trägt Benedikt Kreuz und Regelbuch. Doch anders als
bei jener ist hier nicht das Kreuz "einseitig" hervorgehoben
und die Regel als zugeschlagenes Buch in den gedanklichen Hintergrund
gedrängt. Kreuz und Regelbuch werden auf der Jubiläums-Medaille in
gleicher Höhe dem Betrachter entgegengehalten. Die Regel ist
aufgeschlagen und somit ein "sprechendes" Zeichen.
Während der
Benedikt der älteren Medaille ganz gegen den Bösen ausgerichtet ist,
ist der Benedikt der jüngeren Medaille mehr Lehrer seiner Jünger - und
des Betrachters der Medaille -, der nicht einfach eine Segensformel
empfiehlt, sondern zu einer Lebensform führen will, die Jesus Christus
in die Mitte stellt unter gleichzeitiger klarer Absage an den Bösen.
Ein wenig
pointiert könnte man vielleicht behaupten: Der Benedikt der Jubiläumsmedaille
hat als Botschaft die Kernworte des Benediktus-Kreuzes auf den Lippen:
"Das heilige Kreuz soll dir Licht sein; der Drache soll nicht dein
Führer sein." Der Benedikt der älteren Medaille schleudert
hingegen dem Bösen die Worte entgegen: "Weiche zurück, Satan
..."
Neben Kreuz
und Buch sind Benedikt auf der Medaille von 1880 als weitere Symbole
rechts ein flügelschlagender Rabe und links ein zerborstener Kelch, aus
dem eine Schlange sich herauswindet, beigegeben.
Die
Identifikations-Symbole des hl. Benedikt: Rabe und Kelch
Die
Umschrift des Benediktus-Kreuzes lautet, wie wir oben sahen:
"Weiche zurück, Satan; niemals verführe mich zu Nichtigem.
Schlecht ist, was du
darreichst; selbst trinke das Gift." Im zweiten Teil dieser Beschwörungsformel
ist sehr eindeutig von einem zum Trunk
angebotenen Giftbecher die Rede.
Als
Hintergrund ist ein Abschnitt aus der Lebensbeschreibung des Heiligen
durch Papst Gregor d. Gr. (+ 604, also etwa 60 Jahre nach dem Tod
Benedikts) heranzuziehen. Gregor berichtet im zweiten Buch der Dialoge
über das Leben der italischen Väter (Dialoge II
3), dass Benedikt, der als Einsiedler in einer Höhle bei Subiaco
- heute ist dort in den Felsen oberhalb der Abtei Subiaco das kleine
Kloster Sacro Speco (= heilige Höhle) - die ersten Erfahrungen des Mönchslebens
gemacht hatte, von einer Mönchsgemeinschaft
im nahen Vicovaro gebeten wurde, ihr als Abt
vorzustehen. Da den dortigen Mönchen die Ansprüche des jungen
Abtes aber bald als zu einschneidend erschienen, versuchten sie, sich
seiner wieder zu entledigen, indem sie
dem Heiligen einen Gifttrank mischten. Benedikt schlug nach seiner
Gewohnheit über den Trank ein Kreuzzeichen, und der Becher zerbrach.
Aufgrund dieser Begebenheit wird Benedikt häufig dargestellt, wie er
einen Kelch segnet; der Kelch hat einen Riß - oder es ist ein Stück
aus ihm herausgebrochen - und aus dem Kelch züngelt eine Schlange als
Sinnbild des Verderbens (Teufel / Gift) hervor.
Der Rabe als
Symbol des hl. Benedikt geht ebenfalls auf einen Vergiftungsversuch an
dem Heiligen zurück, von dem Gregor d. Gr. erzählt (Dialoge II 8). Ein
Weltpriester namens Florentius war auf Benedikt und seinen Ruf eifersüchtig
geworden. Eines Tages sandte er ihm ein vergiftetes Brot als Segens- und
Freundschaftszeichen, doch Benedikt
entging nicht "die
Pest, die sich im Brot verbarg." Einem
Raben, der sich bei ihm täglich zur Fütterung einstellte,
befahl der Heilige, das Brot wegzubringen und wegzuwerfen. "Nach
langem Hin und Her biß der Rabe hinein, schnappte es auf und flog
davon. Drei Stunden später, nachdem er das Brot weggeworfen hatte, kam
er zurück und erhielt aus der Hand des Gottesmannes seine übliche
Ration".
Das Motiv
des Raben, der gehorcht, ist
eine Variante eines Berichts aus dem alttestamenüichen Erzählzyklus über
den Propheten Elija, dem Raben in einer Zeit eremitischer Zurückgezogenheit
täglich Nahrung bringen (l
Kön 17,6 ). Gregor d. Gr. weist selbst auf die Verbindung Elija -
Benedikt hin und deutet sie - ergänzt
durch weitere Querverbindungen zu biblischen Gestalten:
"Mich dünkt, dieser Mann war vom Geist aller Gerechten erfüllt,"
um sich gleich darauf zu korrigieren und zu präzisieren:
"Der Mann Gottes Benediktus besaß den Geist nur des Einen,
nämlich dessen, der ... die Herzen aller Auserwählten erfüllt
..."
In den
beiden Identifikationssymbolen des Heiligen spielen Brot und Wein eine
gewichtige Rolle. Brot und Wein sind an sich Lebens-Mittel, -
Lebens-Zeichen, - ja in der Eucharistie sogar Sakramentszeichen Jesu
Christi und des ewigen Lebens. Wenn sie nach dem Bericht Gregors d. Gr.
als todbringende Giftträger mißbraucht werden, dann ist die versteckte
Botschaft kaum zu übersehen. Auch das, was unter dem Schein des
Angenehmen, - Guten, - ja Besten an den Menschen herankommt, ist unter
dem Zeichen des Kreuzes zu prüfen. Der Schein kann trügen; der Geist
Christi gewährt Durchblick zum wirklich Guten und Heilbringenden hin.
Der hl. Benedikt als
Begleiter in der Stunde des Todes
Die
Benedikt-Medaille von 1880 erweitert das Programm der älteren Medaille
durch die Umschrift auf der Bildseite:
"EIUS IN OBITU N(OST)RO PR(A)ESENTIA MUNIAMUR - Bei unserem
Sterben mögen wir durch seine Gegenwart gestärkt (geschützt)
werden." Der kurze Text spricht die Hoffnung aus, dass Benedikt
unser Begleiter in der Todesstunde sei und dort zu einer Quelle der
Kraft für uns werde.
Die
Verehrung des hl. Benedikt als Patron
für die Sterbestunde geht auf den Bericht von Papst Gregror d.
Gr. über den Tod des Heiligen zurück (Dialoge II 37). "Sechs Tage
vor seinem Tod ließ er (Benedikt) sein Grab öffnen. Bald darauf befiel
ihn hohes Fieber, und große Hitze schwächte ihn. Von Tag zu Tag
verfielen zunehmend seine Kräfte. Am sechsten Tag ließ er sich von
seinen Jüngern in die Kirche tragen; dort stärkte er sich durch den
Empfang des Leibes und Blutes unseres Herrn für seinen Tod. Er ließ
seine geschwächten Glieder von den Händen seiner Schüler stützen, so
stand er da, die Hände zum Himmel erhoben, und hauchte unter Worten des
Gebetes seinen Geist aus."
Gregor d.
Gr. stellt den Tod Benedikts ganz in das Licht Christi. Nicht nur, dass
er Benedikt sich stärken läßt durch den Empfang der Eucharistie,
sondern er formuliert noch weitere kleine Hinweis-Vergleiche zum Tod
Christi. Sechs Tage vor dem Paschafest läßt Jesus nach dem
Johannes-Evangelium (Joh 12) gleichsam als "Einstieg" in seine
Todeswoche die Salbung durch Maria in Betanien zu. Benedikt läßt sechs
Tage vor seinem Heimgang sein Grab öffnen und öffnet so sich selbst für
das Sterben. - Jesus stirbt mit den Worten "Es ist vollbracht"
(Joh 19,30). Auch Benedikt stirbt als Betender. - Schließlich: Die
stehende Haltung und die erhobenen Hände lassen Benedikt in seinem
Sterben Kreuzesgestalt annehmen.
Die
Darstellung des auf die Brüder gestützten Benedikt erinnert an eine
Szene des Alten Testamentes, in der geschildert wird, wie Mose während
einerer Schlacht seines Volkes zum Herrn betet. Solange Mose die Hände
zum Gebet erhoben hielt, war Israel stärker; sobald er sie ermüdet
sinken ließ, waren die Feinde stärker. Aaron und Hur, die Gefährten
des Mose in dieser Stunde, stützen daraufhin die Arme des Mose, so dass
Israel schließlich den Sieg davontrug (Ex 17,11-13). - Wenn wir Gregors
d. Gr. Bericht über das Sterben Benedikts im Licht dieser Stelle aus
dem 2. Buch Mose lesen, dann erkennen wir Benedikt auch in der Stunde,
in der alle Kräfte schwinden, als eine Siegergestalt: Ein Beter im Haus
Gottes, gestärkt durch Jesus Christus in der Gestalt der Eucharistie -
und getragen (gestützt) gerade in dieser Stunde des letzten Kampfes
durch die Brüder!
Papst Gregor d. Gr. erzählt
im Anschluß an die Szene des Heimgangs eine Vision zweier Jünger des
Heiligen, in der sie aus der Ferne den Tod ihres Meisters erfuhren.
"Sie schauten, wie eine mit Teppichen belegte und von unzähligen
Lampen erhellte Straße gerade nach Osten lief, von seinem Kloster bis
in den Himmel. Darüber stand die leuchtende Gestalt eines Mannes in
ehrfurchtgebietender Haltung. Der fragte sie, wessen Weg es sei, den sie
sähen. Sie bekannten, sie wüßten es nicht. Darauf sagte er: Dies
ist der Weg, auf dem Benediktus, der Geliebte des Herrn, zum Himmel
aufgestiegen ist."
Aus der
Schilderung des Todes des hl. Benedikt durch Gregor d. Gr. hat sich ein
Gebet um den Beistand Benedikts in der Sterbestunde entwickelt, das im
Benediktinerorden weit verbreitet ist bzw. war [5]:
A.: Aufrecht im Oratorium stehend, / gestärkt durch
den Leib und das Blut des Herrn, /die schwachen Glieder gestützt auf
die Arme der Jünger, / die Hände zum Himmel erhoben, / hauchte
Benedikt, / der Geliebte des Herrn, / unter Worten des Gebetes seinen
Geist aus. / Zwei seiner Jünger schauten ihn, / wie er auf einer Straße,
/ die mit Teppichen belegt / und von zahllosen Lampen erhellt war,/ in
den Himmel emporstieg [6].
V.: Herrlich erscheinst du vor Gottes
Angesicht.
A.: Deswegen kleidet dich der Herr mit
Herrlichkeit.
V.: Gott, du hast unseren heiligen
Vater Benedikt in seinem
Tod wunderbar verherrlicht. Gewähre uns, die wir seiner gedenken, dass
er uns im Sterben beistehe und vor den Nachstellungen des Feindes schütze.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
Im
Lateinischen lautet die Bitte der Oration: "... ut eius in obitu
nostro beata praesentia ab hostium muniamur insidiis." Es ist in
etwas erweiterter Form genau der Wortlaut der Umschrift auf der
Bildseite der Benedikt-Medaille von 1880: EIUS IN OBITU N(OST)RO
PR(A)ESENTIA MUNIAMUR.
*
Die
vorliegenden Ausführungen wollen zunächst und vor allem einfach
Informationen vermitteln. Sie sind aber auch Ausdruck einer persönlichen
Verehrung des hl. Benedikt. Wenn sie den einen oder anderen Leser ein
wenig zur Verehrung des Heiligen anregen, wäre mir damit ein
Herzenswunsch erfüllt. Ich persönlich habe z.B. immer eine
Benedikt-Medaille bei mir.
Abt Albert Altenähr OSB
4/89 7/01
[1]
Bayerische Staatsbibliothek, Cod. Mon. Lat. 8201.
[2]
C. Kniel, Vom Urbild des Benediktuskreuzes, in:
Benediktinische Monatsschrift 20 (1938) 302-309.
[3]
In der Mettener Darstellung liest man die weibliche Form ipsa,
die sich wahrscheinlich auf die figura mundi Frau Welt
beziehen wird.
[4]
Vgl. Mal 3,20: Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet,
wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen, und ihre Flügel bringen
Heilung". Vgl. auch das entsprechende Lied im Gotteslob, GL
644.
[5]
In Kornelimünster wird es dienstags am Ende der Komplet
gebetet.
[6]
Dieser Passus ist Zitat aus der von Gregor d. Gr.
geschriebenen Vita des Heiligen. Nach den lateinischen Anfangsworten
ist das Gebet als Stans in oratorio bekannt.
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