12.08.04
Onlinerecht: Meta-Tag-Spamming
Recht wenig zu hören war in den letzten Monaten von Rechtsstreiten um Metatags. Zu einem bis dato ohnehin wenig beleuchteten Aspekt dieser Tags nimmt nun das LG Essen in seinem Urteil vom 26.5.2004, AZ 44 O 166/03 Stellung (via IVEW). In diesem Fall hatte ein Anbieter einer Internetseite „kompendiumartig“ hunderte von Metatags in seinen HTML-Seiten aufgelistet, ohne, dass irgendein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den verwendeten Begriffen und seiner Internetseite bestand.
Das Gericht sieht dies als unlauter und wettbewerbswidrig unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG an. Dabei geht das Gericht aber in seiner Begründung entscheidend davon aus, dass durch dieses „Meta-Tag-Spamming“ die Seite der Beklagten bei vielen Stichworten an vorderer Stelle von ausgeworfenen Suchmaschinenergebnissen erscheint. Das dürfte aus technischen Gründen zumindest zweifelhaft sein: Google etwa wertet Meta-Tags gar nicht aus und andere Suchmaschinen beachten jedenfalls nur die ersten der Begriffe und werten Seiten ab, deren Meta-Tags nicht zum Seiteninhalt passen. Ob die Entscheidung Bestand haben wird, bleibt abzuwarten.
![](http://library.vu.edu.pk/cgi-bin/nph-proxy.cgi/000100A/http/web.archive.org/web/20040814060357im_/http:/=2fwww.law-blog.de/archives/lawB_dingbats.gif)
10.08.04
Übergreifendes: Wozu eine Schutzschrift?
Bekanntermaßen kann man ab und an kommende juristische Auseinandersetzungen praktisch „riechen“. Wenn ein Einzelhändler eine grenzgängige verkaufsfördernde Aktion plant, wenn ein Verlag eine neue Zeitschrift in einem umkämpften Marktsegment etablieren will oder wenn ein Unternehmen ein Gewinnspiel plant, dann sind das typische Fälle, in denen zu befürchten ist, dass Konkurrenten versuchen werden, gegen die geplanten Aktionen Einstweilige Verfügungen zu erwirken. Solche Verfügungen können – was in der Praxis die Regel ist – ohne mündliche Verhandlung erlassen werden. Der von der Verfügung Betroffene ist daher gehindert, den Sachverhalt und auch rechtliche Argumente aus seiner Sicht vorzubringen, ihm wird vorab kein rechtliches Gehör gewährt. Letztlich kann er von einer Verfügung völlig überrascht werden.
Daher braucht man ein Mittel, um den Erlass einer Einstweiligen Verfügung schon im Vorfeld zu verhindert oder jedenfalls zu verzögern. Das kann die Schutzschrift leisten. Diese wird bereits bei Gericht hinterlegt und enthält die Darstellung der Sach- und Rechtslage aus der Sicht des möglichen Gegners eines Antrags auf Erlass der Verfügung. Dieser antwortet praktisch bereits vorab auf das von der Gegenseite zu erwartenden Vorbringen. Das Gericht wiederum ist gehalten, die Schrift zur Wahrung des rechtlichen Gehörs bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.
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06.08.04
IP Allgemein: Abgewandelte Verkehrszeichen als Geschmacksmuster eintragungsfähig
Der BGH hatte sich in seinem Beschluss vom 22. April 2004, AZ I ZB 15/03 mit der Frage zu beschäftigen, ob abgewandelte, nämlich mit Balken oder Strichen versehene, Abbildungen von Verkehrszeichen als Geschmacksmuster eintragungsfähig sind. Zu welchem Zweck auch immer der Anmelder Wert auf dieses (eine Abbildung ist in der Entscheidung enthalten) Muster legt: er darf es jedenfalls beanspruchen.
Der BGH stellt insbesondere fest, dass mit der Anmeldung kein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vorliegt. Ein Verbot der Abbildung oder sogar Verwendung von (originalen oder abgewandelten) Verkehrzeichen gibt es nicht, ihre Verwendung auch im privaten – etwa zur Regelung des Verkehrs auf Privatgrundstücken – ist sogar erwünscht. Das Gericht lehnt ferner die analoge Anwendung der die Schranke des § 8 II Nr. 6 MarkenG auf das Geschmacksmusterrecht ab, welche die Eintragung staatlicher Hoheitszeichen verbietet. Zuletzt gibt es im Geschmacksmusterrecht – anders als im Markenrecht – keine Prüfung eines Freihaltebedürfnisses, das für Verkehrszeichen ja denkbar wäre.
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05.08.04
Urheberrecht: Bearbeitungen urheberrechtlich geschützter Werke
Immer wieder stolpert man in der urheberrechtlichen Beratung über die Frage, was hinsichtlich der Rechtesituation von Werkbearbeitungen gilt. Häufig liegt der Fall so, dass an einem urheberrechtlich geschützten Werk eines Dritten eigene Arbeiten vorgenommen wurden und der Mandant der Ansicht ist, er hätte damit ein eigenes Recht am Werk erworben und dürfe dieses auch verbreiten. Klassische Fälle sind das Verarbeiten fremder Illustrationen oder Grafiken in Collagen oder das „Umschreiben“ eines fremden Textes.
Natürlich können auch Bearbeitungen von Werken selbst Werkqualität erreichen, d.h. eine eigene persönlich-geistige Schöpfung sein; damit entsteht ein eigenes Urheberrecht des Bearbeiters, § 3 UrhG . So kann der Fall etwa bei der Übersetzung eines Buches, aber auch bei der wesentlichen Erweiterung, ggf. auch bei der besonders pfiffigen Kürzung eines vorhandenen Textes liegen. Ganz selbstverständlich bleibt davon das Urheberrecht an dem zugrundeliegenden – dem bearbeiteten Werk – unberührt, auch das bestimmt § 3 UrhG . Wer also solche Bearbeitungen etwa verbreiten will, der muss sich um zwei Rechte kümmern: das ursprünglich und das des Bearbeiters.
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03.08.04
Skurriles: Steuernachschlag für (sehr) Bedürftige
Irgendwo im weiten Graubereich zwischen "ziemlich witzig" und "recht bedenklich, zumindest aber peinlich" bewegt sich der Streit in der Frage, ob in den 100 Milliarden Mark, die von den Telekommunikationsunternehmen für die - im Nachhinein nicht recht werthaltigen - UMTS-Lizenzen gezahlt wurden, die Umsatzsteuer enthalten war oder nicht. Wäre ersteres der Fall, könnte man sich einen Teil der Entgelte über den Vorsteuerabzug zurückholen. Der Finanzminister hätte - so die Argumentation - für die Lizenzen eine Rechnung unter Ausweis der Umsatzsteuer ausweisen müssen. Hat er aber nicht, denn - so sein Argument - er handelte ja hoheitlich. Im schlimmsten Fall kostet das den Steuerzahler sieben (7) Milliaren Euro. Die Zahl sieht so aus: 7.000.000.000.
Da hätte man sich aber auch vorher mal Gedanken drüber machen können...
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29.07.04
IT-Recht: "Billiger" einkaufen dank RFID-Manipulation
Über „interessante“ Möglichkeiten der Manipulation von RFID-Chips berichtet Futurezone. Eine (zumindest bald) gängige Anwendung solcher Chips ist der Ersatz des üblichen Barcode-Etiketts in der Lagerhaltung sowie in Läden und Verkaufseinrichtungen. Die auf dem Chips gespeicherten Informationen können z.B. an einer Warenhauskasse ausgelesen werden, der Kunde zahlt dann den ausgegebenen Preis.
Mit dem Tool RFDump können die Daten solcher RFID-Chips ausgelesen und manipuliert werden. Damit ist es praktisch möglich, etwa den elektronisch gespeicherten Preis einer Ware zu ändern, um weniger zu bezahlen. Das ist in der Sache nichts weiter als das elektronische Pendant zum „beliebten“ Etikettenkleben, bei dem Preisschild bzw. Barcode einer teuere Ware mit dem Schild einer günstigeren Ware überklebt werden. Unnötig zu erwähnen, dass dies einen (zumindest versuchten) Betrug darstellt.
Besonders „schön“ ist, dass es RFDump auch in einer Version für Handhelds und PDAs gibt. Damit kann ggf. besonders elegant (und – anders als beim Etikettenkleben – für den Warenhaus-Detektiv unsichtbar) manipuliert werden. Der Ehrenrettung halber: die Software ist ganz sicher nicht primär für betrügerische Einsätze konzipiert.
Nachtrag (30.7.04): Der Kollege Vetter konzipiert auf seinem Lawblog in seiner Funktion als Strafverteidiger bereits mögliche Verteidigungsstrategien für "Erwischte".
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28.07.04
Wettbewerbsrecht: Einstweilige Verfügungen im TK-Tarifstreit
Die Chip berichtet über eine neue Facette im inzwischen notorischen Tarifstreit zwischen der Telekom und weiteren TK-Anbietern. Diesmal hat Tele2 eine Einstweilige Verfügung (natürlich vor dem LG Hamburg) gegen eine TV-Werbung für den „Enjoy“-Tarif der Telekom erwirkt. In dem angegriffenen Spot wirbt Günther Jauch mit der griffigen Formulierung, mit der Tarifoption könne man „für 12 Cent eine Stunde quer durch Deutschland telefonieren“.
Dass das aber nur mit einer zusätzlichen Grundgebühr und nicht in alle Netze möglich ist, erfährt der Verbraucher nicht, jedenfalls nicht in einer Art und Weise, in der er zumutbar Kenntnis von diesen Umständen erlangen kann. Zwar wird am Ende des Spots ein entsprechender Text eingeblendet, aber nur kurz und in sehr kleiner Schriftgröße. Damit sieht das LG Hamburg offenbar eine Irreführung der Verbraucher als gegeben an, unter wettbewerbsrechtlichen Grundsätzen gibt dies TELE2 einen Unterlassungsanspruch.
Hier stellt sich natürlich wieder die Frage, inwieweit es überhaupt möglich ist, für komplexe und eben auch erklärungsbedürftige Produkte wie Telefontarifen mit „griffigen“ Formulierungen im TV zu werben und welche Anforderungen im Detail an Disclaimer, Hinweise und Klarstellungen zu stellen sind. Das letzte Wort ist hier sicher noch nicht gesprochen.
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26.07.04
IP Allgemein: Zypries zu Softwarepatenten und DRM
Die Justizministerin Renate Zypries und Ministerialdirektor Elmar Hucko gaben der C’t ein Interview zu den viel diskutierten Themenkomplexen Softwarepatente und Urheberrecht in der Informationsgesellschaft. In beiden Bereichen stehen ja heftig umstrittene Gesetzgebungsvorhaben kurz vor der Vollendung.
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Urheberrecht: Gericht äußert sich zur GNU General Public License
Das Landgericht München I musste sich im Rahmen der Überprüfung einer Einstweiligen Verfügung mit Fragen der Beurteilung der GNU General Public License (GPL) nach deutschem Recht beschäftigen. Dem Urteil (21 O 6123/04, via JBB - Rechtsanwälte) liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte bewirbt und vertreibt eine Software, die ein unter der GPL stehendes Modul enthält. Weder auf diesen Umstand, noch auf den Lizenztext der GPL wurde aber hingewiesen, obwohl dies nach der GPL verlangt wird. Die Klägerin, Mitglied des Open Source Projektes, das eben die im Fall betroffene Software betreut, nahm die Beklagte daraufhin erfolgreich im Wege einer Einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Diese Verfügung wurde nun durch das Urteil aufrecht erhalten. Die Begründung ist dabei in mehrer Hinsicht bemerkenswert.
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