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Friday, 6 January 2017

Die schöne Literatur ist keine Sache der Gelehrten, obwohl die sich das unentwegt einbilden, sie ist Sache der aufmerksamen, unzufriedenen, aber freundlichen Menschen, deren Neugier auf das Leben in all seinen Erscheinungsformen niemals zu befriedigen ist. Und die glauben, daß sie nicht wirklich existieren, wenn sie es sich nicht auf dem Papier beweisen. Die das Leben nicht freut, wenn sie es sich in der Kunst nicht größer und fühlbarer machen können.

Eva Strittmatter -- Briefe aus dem Schulzenhof

Wednesday, 3 February 2016

Eva Strittmatter, photographed in front of a mirror by Erwin Strittmatter, 1965, via Grace Andreacchi



LOVE
(translated by Grace Andreacchi)

How terrible was the flame
In which together we once burned
In the end an ember remains
And the usual happens, even to us.
That’s not ash, that last trace of fire
Shows our daily work. And how precious
this tiny bit of warmth, I learned
in this worst year
of all my years.
Should another winter like this come
and another such snow fall upon me
Only this warmth can save me
from death. What else
should hold me? What remains of our Love:
We had each other. No grass
will grow over us, no stone
so long as this ember glows.

So long as there’s an ember
there might be fire…
[ Liebe Wie furchtbar auch die Flamme war, In der man einst zusammenbrannte, Am Ende bleibt ein wenig Glut. Auch uns geschieht das Altbekannte. Dass es nicht Asche ist, die letzte Spur von Feuer, Zeigt unser Tagwerk. Und wie teuer Die kleine Wärme ist, hab ich erfahren In diesem schlimmsten Jahr Von allen meinen Jahren. Wenn wieder so ein Winter wird Und auf mich so ein Schnee fällt, Rettet nur diese Wärme mich Vom Tod. Was hält Mich sonst? Von unserer Liebe bleibt: dassWir uns hatten. Kein Gras Wird auf uns sein, kein Stein, Solange diese Glut glimmt. Solange Glut ist, Kann auch Feuer sein .. ]

*

Nachher

Keiner schreibt, keiner ruft an.
Ich bin vergessen, vergangen.
Was man nie vorher wissen kann:
Es hat nicht angefangen.

Es war nicht mehr als die Tasse Tee,
Die wir miteinander hatten.
Um wahr zu sein, Freund: Auch ich seh
Dich nur noch als den Schatten

Des Lichts, das neulich um uns war.
Wie siehst du eigentlich aus?
Das Wirkliche ist das ernste Jahr
Und die einsame Arbeit zu Haus.

Der Rausch aus Reden und aus Lachen,
Die Liebe im uns aus dem Wort –
Wir wolln daraus kein Drama machen:
Etwas war da und ist nun fort.

-- Eva Strittmatter

who also got told off for writing this poem:
Interruptio

Ich muss meine Trauer begraben
Um das ungeborene Kind.
Das werde ich niemals haben.
Dämonen pfeifen im Wind
Und flüstern im Regen und speien
Mir gerade ins Gesicht.
Und mag auch Gott mir verzeihen.
Ich verzeihe mir nicht.
Es hat mich angerufen,
Es hat mich angefleht,
Ich soll es kommen lassen.
Ich habe mich weggedreht.
Es gab mir kleine Zeichen:
Eine Vision von Haar.
Und zwei drei Vogellaute
Eine Stimme von übers Jahr.
Ich hätte es sehen können,
hätt ich es sehen gewollt.
Es war ja in mir entworfen.
Ich aber habe gegrollt
Über die Tage und Jahre,
Die es mir nehmen wird,
Und um meine grauen Haare,
Die Krankheit. Und wahnwitzverwirrt,
Hab ich mich darauf berufen,
Ich sei zum Schreiben bestellt.
Dabei war vielleicht diese Hoffnung
Viel wichtiger für die Welt
Als all meine Selbstverzweiflung
Und die kleinen Siege in grün,
Die ich dem Leben abringe
Und den Dingen, die dauern und fliehn.
Das schwere Recht der Freiheit
Hab ich für mich missbraucht.
Und hab mich für immer gefesselt.
In Tiefen bin ich getaucht,
In Trauer bis zum Irrsinn.
Es brodelt noch neben mir.
Die unsühnbare Sünde
Unterscheidet mich vom Tier.