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Tuesday, May 16, 2023

Die Doukhobors in Georgien und ihre traditionelle Lebensweise in Gorelovka (Dschawachetien)

Von Ralph Hälbig; Fotografie von Natela Grigalashvili

Die Doukhobors sind eine christliche-spirituelle Sekte, die im 17. Jahrhundert in Russland entstand und eine pazifistische Gemeinschaft bildete. Zwischen 1898 und 1903 wanderten die meisten nach Kanada aus - unterstützt von Tolstoi und seinen Anhängern - um dem Militärdienst in Russland zu entgehen. Sie betonen einen gewaltfreien Widerstand, lehnen den Militärdienste ab und distanzierten sich vom Staat. Viele Doukhobors emigrierten aufgrund religiöser Verfolgung nach Kanada, wo sie in British Columbia leben. In Nordamerika waren sie berüchtigt für gewalttätige Handlungen, darunter Bombenanschläge und Brandstiftungen, die von einer radikalen Gruppe namens "Söhne der Freiheit" verübt wurden. Diese kleine extremistische Gruppe repräsentierte jedoch nicht die gesamte Doukhobor-Gemeinschaft. Meist zeichnen sich die Doukhobors durch eine einfache und gemeinschaftliche Lebensweise auf Basis von harter Arbeit aus. Trotz der negativen Berichterstattung in den Medien sind die Doukhobors bekannt als eine pazifistische und gesetzestreue Gemeinschaft.


Ihr Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft. In ihrer Gemeinschaft legen die  Doukhobors großen Wert auf Frieden, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit. Ihre religiösen Praktiken umfassen gemeinschaftliches Gebet und das Singen. Heute engagieren sich die Doukhobors für Menschenrechte, Umweltschutz und sind als religiöse Gemeinschaft in Kanada anerkannt.

Auch in Georgien sind die Dukhobors eine orthodoxe Sekte, die an Pazifismus und Geschlechtergleichheit glaubt, die sich weigerte, zur russisch-orthodoxen Kirche überzutreten und Wehrdienst zu leisten. Von der Krim nach Georgien verbannt, gründeten sie dort mehrere Dörfer in der Region Dschawachetien. Viele leben in Gorelovka. Die Dukhobors sind bekannt für ihre gepflegten Häuser, farbenfrohe Gebäude und ihren tiefen Glauben. Diese religiöse Gemeinschaft praktiziert eine egalitäre Spiritualität und hat eine tiefe Verbindung zum Frieden. In den 1990er Jahren schrumpfte ihre Gemeinschaft aufgrund eines Exodus nach Russland - sie hegen nostalgische Gefühle für die Sowjetunion, in der sie Gleichberechtigung erfuhren.

Photobook: The Doukhobors’ Land. Photos: Natela Grigalashvili
Text: Damien Bouticourt

Gerade in Georgien bewahrten die Doukhobors ihre religiösen Überzeugungen und Traditionen. Sie haben auch ihren traditionellen Kleidungsstil beibehalten, der sich von der einheimischen Bevölkerung unterscheidet. Die Doukhobors in Georgien haben ihre landwirtschaftlichen Aktivitäten im Kaukasus spezifisch entwickelt und sind aktiv in sozialen und kulturellen Bereichen ihrer Gemeinschaft engagiert. Trotz der Herausforderungen und des geringen Interesses der Regierung hoffen die Dukhobors darauf, dass ihre Gruppe in Gorelovka an Stärke gewinnt und ihren vergangenen Status wiedererlangt.


Die Doukhobors in Georgien bewahren ihre traditionellen Lebensmittel- und Landwirtschaftspraktiken. Im Kaukasus gründeten sie ihre Siedlungen und konzentrierten sich auf Viehzucht, kultivierten ihren Kartoffel- und Weizenanbau und verwendeten dabei  besonders robuste Saatgutsorten. Sie pflegen enge Beziehungen zu anderen Einwohnern und tauschen Lebensmittel aus. 

Ihre traditionelle Ernährung umfasst Brot, Gerichte aus Gerstenmehl, Salamata, Kisel', kut'ia, Kulesh, lapshd, Piroggen, Kalachi und andere mit Mehl zubereitete Gerichte. Die Doukhobors verwenden Bohnenkraut zum Würzen von Suppen und zur Teezubereitung. Sie konsumieren fermentierte Getränke wie Kwas (Nussbier) und selbstgemachten Alkohol. Gemüse und Früchte wie Rüben, Radieschen, Karotten, Kohl, Gurken und Auberginen werden fermentiert oder eingelegt. Pilze wie Svinushki haben bestimmte heilende Eigenschaften. Hanf- oder Flachssamenöl wird zu Salaten hinzugefügt. Milchprodukte wie Butter, Käse, Milch und Sahne sind reichlich vorhanden. Fleischgerichte werden reichlich zubereitet und Fischgerichte mit Karpfen, Forelle und anderen Arten stehen auf dem Speiseplan. Der festliche Tisch ist während der Feiertage besonders reichhaltig und abwechslungsreich gedeckt. Die Doukhobors verstehen etwas von guter Ernährung. Auch das haben sie nicht verändert und verstehen es, an die nächste Generation weiterzugeben.

Weitere Links zu den Doukhobors in english: 

* Georgia's Dukhobors: An Orthodox Sect That Believes In Pacifism, Gender Equality. By Nadia Beard, Natela Grigalashvili

The Doukhobors' Land - Natela Grigalashvili 

Natela Grigalashvili: The Doukhobors’ Land 

"Natela Grigalashvili wurde im ländlichen Georgien geboren und erlangte nach ihrem Aufenthalt in der Hauptstadt ihre Meisterschaft durch harte Arbeit und Visionen. Da Natela ihr Kind großzog, war sie nicht in der Lage, Vollzeit Fotografie zu studieren. Sie besuchte Kurse, die in den damals bestehenden Fotosalons angeboten wurden, und war oft die einzige Frau im Raum. Später wurde sie die erste georgische Fotojournalistin. Auf diesem Weg ist Grigalashvili nie von ihrer künstlerischen Vision abgewichen, das darzustellen, was direkt vor ihren Augen verschwand: ein einst lebendiges und erfülltes Dorfleben und ländlicher Mikrokosmos sowie die nomadische Weltanschauung der georgischen Hochländer, die Grigalashvili vor vielen Jahren zu besuchen begann. Es ist so kraftvoll zu sehen, dass Grigalashvili endlich die internationale Anerkennung erhält, die sie verdient. Ich habe Natela kennengelernt, als ich 2017 an meinem Buch "King is Female" arbeitete, und die Gespräche, die wir in diesem einen Jahr geführt haben, dauern noch an." (Nina Mdivani)

* Russian Doukhobors in Canada 1. The Coming of the Doukhobors 

* Russian Doukhobors in Canada. 2. The Sons of Freedom’sProtest and Violence 

* Russian Doukhobors in Canada. 3. The Forced Assimilation ofChildren 

* Last Days of the Georgian Doukhobors. By Mark Grigorian 

* Georgia: The Last Collectiv Farm. By Olesia Vartanian

* Two Kristinas: The Fate and Future of Georgia’s Doukhobors. By Elene Shengelia, Lasha Shakulashvili 

* About History- The 'Spirit Wrestlers' of Georgia  

* Armenians and Doukhobors in Gorelovka, Georgia

* Georgia: Treatment of Doukhobors (Dukhobors) and stateprotection available to them 

* The Doukhobors of Gorelovka. Spiritual Warriors 

* Gorelovka – Sorrow of the Last of Doukhobors

* The Doukhobors of Gorelovka 

* Doukhobors 

* The Doukhobors: History, Ideology and the Tolstoy-VeriginRelationship by April Bumgardner 

* The Doukhobors of Georgia: traditional food and farming 

Dukhobors in Georgia:A Study of the Issue of Land Ownershipand Inter-Ethnic Relations in Ninotsminda rayon (Samtskhe-Javakheti). By Hedvig Lohm

Tuesday, May 09, 2023

Tuschetien: Spendenaktion für die Verbindung abgelegener Dörfer

Gemeinsam können wir dazu beitragen, die straßenlosen Dörfer von Tuschetien wiederzubeleben. Tuschetien ist ein besonderer Ort, wo die Landschaft und die Menschen eine einzigartige Umgebung schaffen. Obwohl die Dörfer eine erstaunliche Architektur haben, gibt es immer noch keine Straßen. Die Bewohner von Tuschetien kämpfen jedoch jeden Tag darum, das Leben aufrechtzuerhalten, auch wenn es schwierige Bedingungen erfordert. Sie betreiben traditionelle Schaf- und Rinderzucht und bewahren die wertvollen Werte unseres Landes.

Der Bau der Straßen wird mit staatlichen Mitteln finanziert, aber um das Projekt zu starten, ist ein Projekt in Höhe von 40.000 GEL erforderlich, dessen Finanzierung seit Jahren nicht möglich ist. Die topografische Zeichnung der Straße wird aktuell erstellt, gefolgt von einer geologischen Untersuchung, die für Oktober dieses Jahres geplant ist. Das Straßenprojekt wird in Übereinstimmung mit allen erforderlichen Standards vorbereitet, die mit den offiziellen Parteien vereinbart wurden.

Wenn Sie die Schönheit von Tuschetien und die Bedeutung dieser Gegend und ihrer Menschen für unser Land schätzen, schließen Sie sich bitte der vom "Georgian Culture and Tourism Resources Research Center" initiierten Spendenaktion an! Jeder Cent fließt in die Arbeit des Straßenbauprojekts und jede Unterstützung hilft dem einzigartigen Tuschetien!

Was denkst du darüber? Einerseits hilft es der einheimischen Bevölkerung, das Leben in den Dörfern wirtschaftlich aufrechtzuerhalten, anderserseits gibt es dann auf diese wunderbare Naturlandschaft einen erheblichen Investitionsdruck ... Auch der Massen-Tourismus könnte dem Gebiet erheblich zusetzen. 

Kontonummer: GE23BG0000000525421654

Name des Kontos: für die Dörfer der Ivanurti-Gemeinde in Tuschetien Empfänger: Ana Imedashvili

Wir sind bereit, Sie für weitere Informationen zu kontaktieren! Bei Fragen zum Projekt wenden Sie sich bitte an Irakli Rainauli unter 555 106 045. Um das Projekt finanziell zu unterstützen, wenden Sie sich bitte an Ana Imedashvili unter 599 116 118.

Saturday, May 06, 2023

Interview mit Kaukasus-Reisen. Hans Heiner Buhr über seinen Traum vom grenzenlosen Reisen in dieser atemberaubenden Region.

Interview von Ralph Hälbig

Hans Heiner Buhr, ehemaliger Deutsch-Lehrer, jetzt Reiseunternehmer und Künstler in Georgien, gehört zu den Pionieren, die deutschsprachige Reisende mit kleinen Abenteuer-Reisen in diese Region gelockt haben. Anfangs begann er als Ein-Mann-Unternehmer zusammen mit lokalen Freunden und Familie in den späten Neunziger Jahren mit Kaukasus-Reisen ein feines, schmales Programm anzubieten. Sein Renner waren in dieser Zeit die Begleitung beim Viehabtrieb aus den hohen Bergen in Tuschetien hinunter in das Winterquartier der Schafherden. BjØrn Erik Sass schrieb darüber 2010 eine große Reportage in DIE ZEIT - Heute ist das Familienunternehmen mit knapp 10 Angestellten und freien Guides auf Reisen in Georgien und in die Nachbarländern im Kaukasus spezialisiert. Kaukasus-Reisen hat sein Programm wohlüberlegt erweitert und bietet maßgeschneiderte Touren und Rundreisen für Einzelpersonen, Paare und Gruppen an und legt dabei besonderen Wert auf Inhalte und Qualität statt Quantität.

Die Touren von Kaukasus-Reisen führen durch malerische Landschaften und bieten den Reisenden die Möglichkeit, die Kultur und Geschichte Georgiens, Armeniens und Aserbaidschans kennenzulernen. Zusätzlich zur Erkundung der Sehenswürdigkeiten werden traditionelle Gerichte und lokale Weine angeboten. Das Unternehmen arbeitet eng mit örtlichen Reiseführern und Hotels zusammen, um den Reisenden ein authentisches Erlebnis zu bieten und ihnen die Kultur und Mentalität der Kaukasier näherzubringen. Für alle, die neugierig sind und nach den schwierigen Corona-Jahren vorhaben, bald in diese Weltgegend zu reisen, dazu hier ein paar Antworten auf meine Fragen. Kaukasus-Reisen heißt euch willkommen!

Ralph Hälbig: Wie hat sich die Reisesituation in Georgien seit dem Ausbruch von Corona verändert und wie beeinflusst dies das Reiseverhalten? Sind bereits Anzeichen erkennbar, dass sich die Reiseaktivitäten trotz Inflation im Jahr 2023 wieder erholen werden?

Hans Heiner Buhr: Im Jahr 2018 sah es für deutsche Reisende in Georgien besonders vielversprechend aus: es gab zahlreiche günstige Flüge, die Buchmesse in Frankfurt und Leipzig mit ihrem Georgien-Spezial lockte viele Besucher an, der Euro war stark und es gab Visafreiheit. Auch das Interesse an dem neuen Reiseland Georgien war groß und es gab keinerlei Restriktionen.



Jedoch hat sich seit 2020 alles drastisch geändert. Die Einreiseregeln waren unklar und änderten sich ständig, Flüge wurden gecancelt, verlegt oder abgesagt. Es war ungewiss, ob der Flug überhaupt stattfinden würde. Der Gesundheitsstatus wurde reiseentscheidend und es war fraglich, ob man in einem Monat überhaupt gesund und mit den nötigen Dokumenten einreisen konnte. Was passiert, wenn man in Georgien auf einmal positiv getestet wird oder krank wird? Muss man dann in Quarantäne? Für unsere Gäste und uns Reiseveranstalter war diese Zeit sehr schwierig und absurd.

Mittlerweile hat sich das Reiseverhalten der Deutschen jedoch geändert. Viele planen nicht mehr langfristig, sondern spontan und kurzfristig. In den deutschen Medien wird viel über Georgien berichtet, jedoch auch oft besonders abschreckend über normale gesellschaftliche Konflikte, was potenzielle Reisende abschrecken könnte. Die Europäer richten ihren Fokus eher auf vermeintlich sichere Reiseziele wie Paris, Rom oder das Umland. Zudem sind die Flugpreise stark gestiegen und der Euro hat gegenüber dem Lari rund 30 bis 35% verloren, was die Kosten für die Reisenden und uns als Veranstalter erhöht.

Als Reiseveranstalter haben wir mit diesen Herausforderungen zu kämpfen. Wir müssen die Preise erhöhen, um unsere Kosten zu decken und dabei noch Gewinn zu machen. Manche Kunden in Deutschland empfinden dies als unangemessen, da sie im Supermarkt sehen, dass alles teurer wird.

Für uns ist die Situation schwierig, denn wir benötigen Planbarkeit. Unsere Reisen sind nur dann rentabel, wenn sie gut gebucht sind. Wenn wir beispielsweise nur zu 70% ausgebucht sind, dann verdienen wir kein Geld. Im schlimmsten Fall machen wir sogar Verlust. Wir befinden uns jetzt im vierten Jahr, in dem die Situation schwierig ist. 2020 war ein schlechtes Reisejahr, 2021 war ebenfalls schlecht, 2022 war schlecht und auch 2023 wird schlecht sein. Nur diejenigen, die es irgendwie geschafft haben, haben überlebt. In der Zwischenzeit haben sich viele kleine, spezialisierte Reiseunternehmen in Georgien neu gegründet, die uns Marktanteile streitig machen und uns zwingen, uns ständig weiterzuentwickeln und uns neu anzupassen. Durch den Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien tauchen negative Nachrichten in den deutschen Medien auf, was die Lage unsicher erscheinen lässt und viele Leute davon abschreckt, in diese Region zu reisen. Das ist momentan unser Dilemma, mit dem wir kämpfen, mit vielen verschiedenen Faktoren, die das Reisen erschweren oder unsicher erscheinen lassen. In Georgien sagt man, dass nach sieben guten Jahren, sieben schlechte Jahre folgen.

Andererseits haben wir auch Gäste, die uns Reiseangebote aus 2020, 2021 oder 2022 vorlegen, die damals nicht kommen konnten und jetzt sagen: "Wir haben hier ein Angebot von Ihnen vorliegen, können Sie das bitte aktualisieren, denn wir möchten jetzt in 2023 endlich unsere lang geplante Reise nachholen?" Solche Gäste gibt es natürlich auch, die das damals nur aufgeschoben haben und jetzt mit uns reisen möchten.

Ralph Hälbig: Wie denkst du, wird sich das Reiseverhalten in Zukunft verändern? Möchten die Reisenden vermehrt eine Reiseagentur als Berater und Unterstützer oder eher ein Komplettpaket mit Rundum-Betreuung? Welche Wünsche äußern die Reisenden bezüglich ihrer Reise nach Georgien?

Hans Heiner Buhr: Bezüglich des Reiseverhaltens der Georgiengäste möchte ich sagen, dass sich dieses stetig ändert und in Bewegung bleibt. Insgesamt werden die Wünsche und Anforderungen der Menschen immer individueller, da niemand mehr eine standardisierte Reise möchte. Jeder möchte das Besondere erleben und es selbst entdecken, anstatt es vorgesetzt zu bekommen. Daher passen wir unsere Reiseangebote stark an die individuellen Wünsche unserer Gäste an. Wir haben auch festgestellt, dass Gäste sich spontaner entscheiden, jedoch trotzdem intensiv durch Reiseliteratur und das Internet recherchieren, um sich auf ihre Reise vorzubereiten.

Die Ansprüche unserer Gäste werden immer höher, insbesondere was die Qualität der Unterkünfte und des Services betrifft. In Georgien möchte man keinerlei Abstriche mehr machen und erwartet den besten Service und die beste Qualität in Bezug auf Betten, Zimmer und Frühstück.

Was suchen die Gäste in Georgien? Viele suchen nach unberührter Natur und sind von der Vielfalt, die Georgien zu bieten hat, überrascht. Aber auch das pulsierende Stadtleben, insbesondere in der Hauptstadt Tiflis, Kutaissi und Batumi, zieht die Gäste an. Die Gastronomie, Cafés und das Nachtleben sind ebenfalls von großem Interesse.

Viele Gäste möchten im Urlaub auch Luxus genießen und suchen nach 4- oder 5-Sterne-Hotels mit Pool.

Wir stellen auch fest, dass es Reisende gibt, die in ihrem Urlaub weniger Stationen aufsuchen möchten, dafür aber die Gegend besser und intensiver erkunden möchten. Die Weinregion Kachetien bietet sich beispielsweise für sternförmige Tagesausflüge sehr gut an, ebenso wie Tuschetien und Swanetien.

Andererseits gibt es vor allem auch jüngere Gäste, die ihren Urlaub möglichst intensiv erleben möchten und viel in einen kürzeren Zeitraum packen möchten. Es gibt sogar Gäste, die die drei Länder Aserbaidschan, Georgien und Armenien in 10 oder 12 Tagen sehen möchten, obwohl wir für die drei Länder eher mindestens 14 bis 16 Tage empfehlen.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass Gruppenreisen an Popularität verlieren und dass unsere Gäste lieber in kleinen Gruppen oder mit Freunden und Familie unterwegs sind. Oft fragen unsere Gäste beispielsweise nach dem Alter und Geschlecht der anderen Reisenden, obwohl wir das zum Teil gar nicht wissen und auch nicht mitteilen möchten.

Ralph Hälbig: Wie lautet das Feedback deiner Gäste und welche Eindrücke von Georgien nehmen sie mit nach Hause?

Hans Heiner Buhr: Wir beobachten auch, dass sich immer mehr Singles bei uns melden, die auf der Suche nach interessanten Gruppenaktivitäten sind. Dabei werden auch immer ausgefallenere Wünsche geäußert, wie zum Beispiel themenorientierte Reisen wie Eisenbahntouren, Pilzsammeltouren, Eselwanderungen oder Arbeit auf einer Farm oder Ranch. Hier hat Georgien noch viel Potenzial, um neue Produkte und Reisen anzubieten. Allerdings stellt sich auch immer die Frage nach der Wirtschaftlichkeit solcher Angebote.

In Bezug auf das Feedback unserer Gäste können wir sagen, dass es oft positiv ausfällt. Viele Gäste kommen immer wieder nach Georgien oder in den Kaukasus und möchten dann andere Facetten des Landes erleben. Sie können dabei schon viel besser einschätzen, was sie gerne möchten, weil sie das Land nun schon gut kennen.

Natürlich gibt es auch kritische Rückmeldungen und wenn etwas fehlt, melden sich die Gäste häufig schnell über WhatsApp oder einen Anruf bei uns. Wir helfen dann gerne dabei, den Kritikpunkt aufzuheben und den Service zu verbessern, zum Beispiel im Hotel oder an anderen Orten.

Ralph Hälbig: Hast du eine besondere Anekdote von einem Reisenden im Gedächtnis, die du gerne mitteilen möchtest?

Hans Heiner Buhr: Wir erzählen immer wieder gerne die Anekdote von zwei Gästen, die sich während unseres Reiseklassikers "Frühstück im Kaukasus" kennengelernt und ineinander verliebt haben. Nach zwei oder drei Jahren haben sie die Reise gemeinsam als Ehepaar wieder mit uns durchgeführt und waren auch beim zweiten Mal total begeistert von unseren Reiseleitern David und Eka. Eine andere Geschichte: "Ein Ehepaar hatte eine Autopanne in Vashlovani, an einem der wenigen entlegenen Orte ohne Netzempfang. Der Mann kletterte auf einen Berg in der Nähe und konnte uns dann am Abend endlich erreichen. Wir sendeten einen Abschleppwagen in die Gegend, der dann natürlich prompt auch keinen Netzempfang mehr hatte und so war untereinander und mit uns keine Kommunikation mehr möglich. Doch wie durch ein georgisches Wunder trafen sie sich plötzlich und wurden glücklich abgeschleppt, es war dann mittlerweile gegen 0.00 Uhr nachts. Alle waren glücklich."

Ralph Hälbig: Deine ersten Reisen - Ende der 90iger Jahre - hast du ja in deiner Ferienzeit (du warst Deutsch-Lehrer in einer Schule in Tbilisi) nebenher organisiert. Dabei hast du vor allem bewusst die Unwägbarkeiten einer Abenteuerreise gesucht und Reisende quasi eingesackt. Meinst du, dass man so etwas auch heute noch anbieten kann, und dass man den Menschen vermitteln kann, sich auf diese spontane und ungewisse Art auf eine andere Kultur einzulassen? Gibt es Bedürfnisse in diese Richtung, oder ist das für die Reisenden eher zu vage, sich darauf einzulassen? In den 90er Jahren und Anfang der 2000er Jahre war alles in Georgien noch sehr wild! Eine überbordende und überraschende Gastfreundschaft konnte manchmal jeden Reiseplan über den Haufen werfen, oder die Wetter- und/oder damaligen Straßenverhältnisse hatten einen festgesetzt! Wie siehst du das heute mit der Gastfreundschaft in Georgien? Hat sich da etwas geändert?

Hans Heiner Buhr: Die wilden Zeiten sind leider vorbei. Georgien ist heute stabil und die Sicherheit der Gäste im Land hat höchste staatliche Priorität, was sich in neuen Standards, in Ausbildungskursen für touristische Berufe und auch in einer stärkeren Regulierung der Tourismusbranche zeigt. Jedoch laden die fantastischen Berge des Großen und Kleinen Kaukasus, entlegene Täler in Chewsuretien, Tuschetien, Ratscha und Adscharien wie eh und je zu abenteuerlichen Treckingtouren ein.

Das Bedürfnis nach individuell geführten, themenorientierten Kleingruppenreisen ist sicherlich noch vorhanden. Jedoch sind solche Reisen sehr aufwendig und müssen sowohl inhaltlich, programmatisch, als auch von der Dauer und dem Service her stimmig sein, um zu überzeugen. Folglich sind sie dementsprechend teuer und aufwendig zu organisieren, zu konzipieren und erfolgreich durchzuführen. Diese Reisen zu gestalten halte ich für die hohe Kunst des Tourismus. Zum Beispiel habe ich im Jahr 2013 eine sehr individuelle Kunstreise mit dem Kunstverein Schweinfurt erfolgreich durchgeführt und hätte durchaus Interesse, eine ähnliche Reise in neuer Form durchzuführen oder eine Reise in Georgien mit einem architektonischen Schwerpunkt aufzubauen und anzubieten.

Georgien hat in Bezug auf Gastfreundschaft und Tourismus in den letzten Jahren eine Professionalisierung erfahren. Dennoch ist es nach wie vor möglich, die herzliche Gastfreundschaft der Georgier zu erleben, jedoch abseits der touristischen Hotspots in den abgelegeneren Regionen des Landes. Besonders erfreulich ist, dass immer mehr junge Georgier sehr gut Englisch und auch Deutsch sprechen und somit ihre Heimat authentisch und leidenschaftlich präsentieren können. In manchen Fällen machen sie dies sogar besser als zugereiste Deutsche.

Ralph Hälbig: Wo siehst du den Tourismus in Georgien in den nächsten zehn Jahren? Was wünschst du dir für die Zukunft des Tourismus in Georgien?

Hans Heiner Buhr: Ich denke, dass der Tourismus in Georgien in den kommenden Jahren sehr interessante Entwicklungen erfahren wird. Viele junge Georgier kehren aus dem Ausland zurück und bringen neue und frische Konzepte in Gastronomie, Hotel und Reisebranche mit, auf die wir "alten Tourismus-Haudegen" unter Umständen gar nicht kommen. Es gibt noch viele Ideen, die man umsetzen könnte.

Insbesondere möchten wir die drei Länder Georgien, Armenien und Aserbaidschan stärker miteinander verknüpfen und bieten unsere Reisen länderübergreifend an. Besonders unsere Selbstfahrerreisen können gut kombiniert werden, z.B. von Baku nach Batumi oder von Tiflis nach Jerewan, um die verschiedenen Kulturen kennenzulernen und zu vergleichen.


Längere Reisen sind auch gefragt. Ich kann mir gut vorstellen, dass man eine Wanderung von Lagodekhi nach Batumi anbieten könnte, abseits von belebten Straßen durch die Berge, oder auch Reittouren, die das Außergewöhnliche bieten. Außerdem möchte ich unsere Radreisen empfehlen sowie unseren Klassiker "Frühstück im Kaukasus", der bis heute zu unserer besten und schönsten Kleingruppenreise in Georgien gehört.

Ralph Hälbig: Wie willst du eigentlich demnächst deine touristischen Konzepte verändern und weiter entwickeln? Was sind deine nächsten Pläne?

Hans Heiner Buhr: Ich habe schon vor drei bis vier Jahren eine Reise konzipiert, die den Kaukasus einmal komplett umrundet. Von Tiflis über die georgische Heerstraße nach Stepantsminda, von dort nach Wladikawkas, weiter nach Grosny, quer durch Dagestan bis nach Machatschkala und schließlich nach Süden über die aserbaidschanische Grenze nach Baku. Von dort aus geht es nordwestlich entlang der alten aserbaidschanischen Seidenstraße, durch Scheki nach Lagodechi und schließlich zurück nach Tiflis. Diese Reise könnte man gut als geführte Tour mit Geländewagen oder als Selbstfahrerreise machen - sobald das nach dem Krieg wieder möglich ist.

Mein Traum bleibt das grenzenlose Reisen im Kaukasus. Ich wünsche mir, dass man eines Tages alle Gebiete der kaukasischen Länder ohne schwierige politische Grenzen bereisen kann.

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Wednesday, October 28, 2020

VIDEO: Leben anderswo: Georgien - Die Hüter des Kaukasus. Von Sibylle D'Orgeval (ARTE-Doku, Frankreich 2020)



[arte.tv] In Tuschetien, einer abgelegenen Bergregion Georgiens, lebt ein Hirtenvolk. Im Winter bleibt nur eine Handvoll von ihnen hoch oben im Gebirge und harrt dort abgeschnitten vom Rest der Welt bis zum Frühjahr aus. Der Fotograf Grégoire Eloy verbringt einen Winter mit ihnen, um die ganz besondere Stimmung dieser Region einzufangen und ihre Geschichte besser kennenzulernen.

Der französische Fotograf Grégoire Eloy [facebook] konzentriert sich seit einigen Jahren auf die Länder der ehemaligen Sowjetunion, vor allem Georgien, wo er das Leben von Flüchtlingen der Südkaukasus-Konflikte dokumentiert hat. Anlässlich dieser neuen Reise nach Georgien beleuchtet er eine andere Facette des Landes und interessiert sich für seine entferntesten Bergregionen, in denen die Menschen weitab von der "modernen" Gesellschaft in enger Symbiose mit der Natur leben. Im Nordkaukasus, an der Grenze zu Dagestan und Tschetschenien, liegt Tuschetien. In dieser Gegend, die das halbe Jahr über abgeschnitten ist, weil der Zufahrtsweg über einen im Winter nicht passierbaren 3.000 Meter hohen Pass führt, lebt das Hirtenvolk der Tuschen. Die meisten von ihnen verbringen den Winter im Tal, doch einige bleiben das ganze Jahr über in der Höhe. Sie lassen sich von Mitte Oktober bis Mai in ihren Dörfern "einschließen" und führen damit die altüberlieferte Lebensweise dieses zähen Bergvolkes fort. Um diese "Unbeugbaren" zu treffen, fährt Grégoire kurz vor Schließung der Passstraße im Oktober nach Tuschetien. Unterwegs begegnet er Hirten, die ihre Herden auf die Winterweiden treiben. Er reist zu Fuß und zu Pferd, um ein Gefühl für die Entfernungen und das Klima zu bekommen und die Atmosphäre der Region auf sich wirken zu lassen. Nach der Ankunft in Tuschetien sucht er in den Dörfern jene auf, die bleiben. Er will ihre Verwurzelung erspüren und die Geschichte dieser in den Augen der Georgier mythischen Region verstehen. Mit seinen Fotografien zeichnet er ein poetisches Porträt jener weitgehend naturbelassenen Region und der wenigen Tuschen, die im Winter hier leben.

Friday, September 06, 2019

REISESPLITTER: Vitamin Q in Georgien. Bei den tuschetischen Hirten. Von Philipp Ammon #ReiseKnowHowGeorgien

Ich reite einen elfjährigen Wallach, der auf den Namen Gledscho hört. Es ist einKabardiner mit Sprenkelungen. Ins braune Fell sind schon einige graue Haare eingestreut. Kennen Pferde eigentlich Asrael, den Engel des Todes? In einer nordkaukasischen Erzählung will Asrael einen Menschen für das Jenseits abholen. Der zum Tode ausgewählte bittet um Nachsicht und Aufschub und den Engel darum, sich beim nächsten Mal doch vorher anzukündigen. Als der Engel wieder unangekündigt erscheint, wirft der Mensch dem Engel vor, nicht gewarnt worden zu sein. Der Engel jedoch antwortet: "Der Tod, mein Freund, wird durch das graue Haar angekündigt". Gledscho wird noch ein langes Leben haben, denn Pferde sind vom Totengericht ausgenommen.

Der ganze Text mit mehr Bildern vom Autor: reise-know-how.de

Monday, April 09, 2018

FOTOGRAFIE: Emil Uhl, Bei den Tschefsuren in Chewsuretien (Großer Kaukasus) in der Deutschen Fotothek, @Fotothek

Uhl, Emil Franz (1864 – 1945) * 1.3.1864 Brüx (Most) † 1945 österreichischer Kunstmaler und Reisender


Uhl, Sohn eines Hotelbesitzers im nordböhmischen Brüx, studierte Kunst an den Akademien in Düsseldorf, München und 1889 bis 1892 in Paris. Bereits während seines Studiums unternahm er die ersten Reisen. Nach 1889 hielt er sich sieben Jahre in Ägypten (Kairo) auf und unternahem von hier aus Reisen nach Palästina, Syrien und in den Libanon. 1899/1900 folgte eine elfmonatige Reise durch das Osmanische Reich über den Kaukasus nach Zentralasien (Buchara, Samarkand). Zu seiner Zeit galt Uhl als bedeutendster Orientmaler, auch als Fotograf trat Uhl in Erscheinung. Auf mehr als 60 Ausstellungen, unter anderem in Wien, Prag, Aussig, Karlsbad, Berlin, Paris, London und München, wurden seine Gemälde gezeigt. Nach dem Ersten Weltkrieg ließ er sich in München nieder, wo er als Kopf einer sudetendeutschen Künstlergruppe galt. Seit 1935 nahm er seinen Altersruhesitz in Bayrisch‐Gmein. Die größte Sammlung seiner Gemälde und Fotografien befindet sich im Heimatmuseum seiner Geburtsstadt (Oblastní muzeum v Most) in Tschechien.


Emil Uhl in der Fotogalerie der Deutschen Fotothek [deutschefotothek.de]