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Thursday, May 11, 2023

Geopolitik: Georgiens Position zwischen dem Westen und Russland.

Zusammenfassung einer Analyse von Kornely Kakachia & Bidzina Lebanidze - von Ralph Hälbig.

Georgien hat in der Vergangenheit enge Beziehungen zu Nachbarländern gepflegt und euro-atlantische Integrationsziele verfolgt. Nach der russischen Invasion der Ukraine hat Georgien jedoch eine Distanz zum Westen und zu Russland aufrechterhalten und eine Politik verfolgt, die Russland an erster Stelle stellt. Die Regierung hat sich zwar nicht den Sanktionen des Westens gegen Russland angeschlossen, betont aber, dass sie sich an alle Sanktionen hält und nicht zulassen wird, dass ihr Territorium zur Umgehung dieser Sanktionen genutzt wird. Die EU hat Georgien Aussicht auf einen Beitritt gegeben, aber das Land muss seine derzeitige konzeptionelle Unklarheit aufgeben und eine festere Position in der geopolitischen Rivalität zwischen Russland und dem Westen einnehmen, um seinen langfristigen strategischen Interessen gerecht zu werden. Die derzeitigen Taktiken der Regierung stehen im Widerspruch zu den langfristigen Interessen Georgiens und führen zu einer gewissen Entfremdung vom Westen und zu Schäden für die Beziehungen zu Kiew. Die meisten Georgier unterstützen die Integration in die EU und die NATO.

Georgiens Position zwischen dem Westen und Russland wird zunehmend schwieriger, da die EU den Druck erhöht, um sicherzustellen, dass ihre Nachbarn Moskau bei der Umgehung von Sanktionen nicht unterstützen. Georgiens Entscheidung, neue U-Bahn-Wagen aus Russland zu kaufen und die Offenheit georgischer Beamter gegenüber Direktflügen mit Russland haben in Georgien und im Westen bereits Gegenreaktionen ausgelöst. Die EU fordert auch eine Anpassung der Visumpolitik Georgiens, was politische und wirtschaftliche Kosten für das Land haben könnte. Obwohl die Mehrheit der Georgier bereit ist, auf Handelsbeziehungen mit Russland zu verzichten, könnte Georgiens wachsende Divergenz von relevanten EU-Erklärungen und liberale Handelspolitik eine ernsthafte Sorge für die EU darstellen. Es bleibt jedoch unklar, ob Georgien tatsächlich in eine konfliktreichere Beziehung zu Russland geraten wird oder ob die georgische Führung diese Risiken übertreibt, um ihre transaktionale Äquidistanz zwischen Russland und dem Westen zu rechtfertigen.

Das Verhalten Georgiens in der Außenpolitik kann nicht allein durch eine durch eine Perspektive auf die internationalen Beziehungen erklärt werden, die Staaten als monolithische "Black Boxes" betrachtet. Vielmehr wird es durch die inländische Politik bestimmt, die sich um die politischen Neigungen der Regierung und der Opposition dreht. Der EU-Beitrittsprozess erfordert politische Reformen, die die Macht der Regierung schwächen könnten. Die Regierung priorisiert jedoch ihr eigenes politisches Überleben über die europäisch orientierte Zukunft des Landes. Diese Priorisierung wird teilweise durch eine toxische politische Kultur geprägt, die eine Nullsummenspiel-Mentalität unter politischen Akteuren fördert. Jede Machtrotation in Georgien führt zu Repressionen gegenüber den Führern des ehemaligen herrschenden Regimes. Die inländische Dimension allein erklärt jedoch nicht Georgiens außenpolitische Dilemmata, wie die Frage, ob eine wertebasierte Außenpolitik, die auf die EU ausgerichtet ist, und eine pragmatisch ausgewogene Außenpolitik, die darauf abzielt, Russland zu besänftigen, langfristig kompatibel sind. Trotzdem unterstützt die USA weiterhin die europäische Integration Georgiens.

Die aktuelle Regierung Georgiens setzt bei ihrer Außenpolitik auf eine Beschwichtigung Russlands, was einen Bruch mit der bisherigen Tradition darstellt. Diese transaktionale Außenpolitik, die auf kurzfristige Vorteile ausgerichtet ist, lehnt wertebasierte Politikgestaltung ab und vernachlässigt eine langfristige strategische Vision. Während Flexibilität im Umgang mit den Sicherheitsrisiken Russlands notwendig ist, stellt eine Annäherung an Russland langfristig keine Lösung dar und hält Georgien von einer Zusammenarbeit mit NATO und EU ab. Die Beobachtung des georgischen Falls wird zeigen, ob transaktionale Außenpolitik herrschenden Regimen in kleinen Staaten helfen kann, ihre Macht abzuschirmen und durch geopolitische Turbulenzen zu navigieren.

Der ganze Text in englisch: Tbilisi’s Transactional Foreign Policy Leads Georgians Astray. By Kornely Kakachia & Bidzina Lebanidze [ponarseurasia]

Monday, April 20, 2020

BÜCHERSCHAU von Urs Unkauf: Ammon, Philipp (2020): Georgien zwischen Eigenstaatlichkeit und russischer Okkupation. Klostermann-Verlag

Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland sind heute überschattet. Einerseits kritisiert Georgien die Einmischung Russlands und dessen Aktivitäten in Abchasien und Südossetien. Andererseits sieht die russische Seite ihre traditionelle politische Einflusssphäre durch die Entscheidung Georgiens für den Weg in die euro-atlantische Integration gefährdet. Dass die Wurzeln dieser aktuellen Konflikte tiefer liegen, zeigt Philipp Ammon in seinem Buch. Ausgehend von der Frage „wie es zur Konfrontation zweier Völker kam, die keine tiefverwurzelte, gleichsam metaphysische Feindschaft“ (S. 9) trenne, stellt Ammon die georgische und russische Perspektiven gegeneinander. Dabei kommen politische, aber auch literarische Akteure zu Wort. Ammon beginnt mit der georgischen Geschichte. Er startet in der Antike und kommt dann im 18. Jahrhundert an. Konkret geht es um den 1783 geschlossenen Vertrag von Georgijewsk, in dem die georgischen Könige einem Bündnis mit dem Zaren beitraten. Dies hatte den Verlust der Souveränität über die außenpolitischen Kompetenzen zur Konsequenz. Es geht weiter mit der Annexion Georgiens durch das Zarenmanifest von 1801. Es folgen wechselseitige literarische Wahrnehmungen, die Entwicklung der georgischen Nationalbewegung und kirchliche Konflikte. Das letzte Kapitel nimmt den chronologischen Faden wieder auf. Es befasst sich mit der Zeit nach der Revolution von 1905 bis zur ersten georgischen Republik, die 1921 durch den Einmarsch der Roten Armee endete.

Die Beziehungen zwischen Georgien und Russland waren nach Ammon „ein Muster von Nähe und Fremdheit, von Verbundenheit und Abkehr, von russisch-imperialer Homogenisierung und georgischer Identitätsbehauptung“ (S. 212). Ammon legt die historischen Wurzeln dieses Spannungsgeflechtes frei. Ein lesenswertes Werk für alle, die Georgien besser verstehen wollen, und zugleich bereit sind, auch über Russland Neues zu lernen.

Urs Unkauf, Berlin Bücherschau WeltTrends • Das außenpolitische Journal • 161 • März 2020 • 28. Jahrgang • S. 66 Ammon, Philipp (2020): Georgien zwischen Eigenstaatlichkeit und russischer Okkupation. Klostermann-Verlag, 238 Seiten, 29,80 Euro.

welttrends.de

Wednesday, November 13, 2019

ART: Suspended. Georgien/Russland. Begegnung auf einem anderen Terrain. (2009)

Suspended brings together works by Georgian and Russian artists in one catalog, demonstrating the solidarity prevailing between the shapers of culture in the two countries in times of political conflict. The artists from Georgia and Russia – among them Tamara K.E., Keti Kapanadze, Gia Edzgveradze, Yuri Albert, Vadim Zakharov, Ivan Chuikov – are not only well known in the contemporary art scene of their home countries, but are also represented at international exhibitions such as the Venice Biennale and the Documenta in Kassel as well as in the collections of major museums. The project's title Suspended refers to the free-flowing, sometimes difficult-to-define space in which artists position themselves and in the context of which their works are interpreted.

Hardcover, 19 x 23 cm, 120 pages, 160 color illustrations, English, German, Available
ISBN 978-3-86828-079-1, 2009

Texts: Keti Chukhrov, Gia Edzgveradze, Boris Groys, Zaza Shatirishvili

Source: kehrerverlag.com

Sunday, September 15, 2019

HISTORY OF GEORGIA: Summary in English of the Book - Georgien zwischen Eigenstaatlichkeit und russischer Okkupation Die Wurzeln des Konflikts vom 18. Jh. bis 1924. Von Philipp Ammon

here is a content of the book: "Where lie the roots for the alienation between Russia and Georgia, two countries of the same Chalcedonian Creed, whose links go back to the early Middle Ages? Georgian influences can already be seen in the Glagolitic alphabet (9th century) and the Nestor Chronicle (12th century). The Russian longing for the Georgian paradise garden, the Vyrïj-sad, where birds migrate every year to spend the winter, is just as old. "Indeed, we began to believe that most Russians hope that if they live good and virtuos lives, they will not go to heaven, but to Georgia, when they die," writes John Steinbeck in the Russian Journal in 1948. After the fall of Constantinople, for the Georgians "the sun began to rise in the north", as the poet Mamuk´a Barat´ašvili puts it, but the Georgians missed the secularization of the "holy Rus´", which is no longer guided by the belief in an eschatalogical mission but by the reason of state. This misunderstanding causes an alienation and a tragedy that lasts until today.

To provide an answer to his questions the author investigates the history of Georgia from ancient times beginning with the genesis of Georgian statehood. He limns the Christianisation of the country, its early ties to Byzantium, its blood witness of faith amongst foreign empires, the rise of the Bagratid kingdom and its prime during the Golden Age from the reign of David the Builder (1073– 1125) and Tamar the Great (1160 –1213) until its decline due to the Mongol conquests of the 13th century. He then qualifies the cultural transfer from Georgia to Russia during the Middle Ages. He delineates the Georgian kings´ requests for military aid to the Tsardom of Muscovy from 1483 after the downturn of Byzantine protecting power. He then characterises the Treaty of Georgievsk of 1783 between Catherine II the Great of Russia and Irakli II of Georgia as crucial to the conflict as in 1795 promised Russian troops stayed away from the Battle of Krtsanisi when the Qajar khan Agha Mohammad Shah attempted to reinforce Iranian overlordship upon Eastern Georgia. Thus the Georgians felt betrayed by their Russian ally. The period following the annexation of Georgia in 1801 is described as ambivalent as the ensuing modernisation of the land, its demographic and economic growth went with the abolition of the Bagratid dynasty and the autocephaly of the Georgian Apostolic Church and Russification in contradiction to the Treaty of 1783. Those measures of the new administration give rise to frequent peasant revolts and to the aristocratic conspiracy of 1832. On the other hand Georgian nobles – plus russe que les Russes – rise to the top in Russian ranks whereas despite their commitment to the mission civilisatrice russe Russian poets imagine the Caucasus and its Georgian heartland as a paradise lost. Unlike their Romantic fathers national movement Georgia´s generation of the sons, the tergdaleulni, returning from Russian universities is striving for feasable improvements for their countrymen. Their national movement is broader in its aims. They found a society to spread literacy among commoners and a bank to save the estates of the landed gentry. In the Revolution of 1905 Gurian peasants form a self-governed social-democratic local republic and in 1907 the “uncrowned king of Georgia” and leader of the country´s national movement Ilya Chavchavadze is killed by Georgian bolsheviks. On the eve of World War I the very existence of Georgia is in danger when Transcaucasia at risk to be settled by Russian peasants and Cossacks and the Georgian Exarchate is threatened to be dissolved into a Caucasian metropolis. During the Great War Georgian emigrants get in close contact with the German comand that is to promote Georgian indepence after the October Revolution. This independent Republic of Georgia persists after the military collapse of the Central Powers until in 1921 the Red Army led by Georgian bolsheviks invades the country. In 1924 a last insurgency for independence is crushed by overwhelming forces of the new Soviet government. Despite occupation and terror Soviet Georgia witnesses the establishment of national institutions as schools, colleges, universities and an academy as well as the development of governmental structures. Georgia´s secession from the Soviet Union in 1991 was payed with the loss of two provinces and those frozen conflicts stepped into war with Russia in 2008. At present no substantial enhancement of the relationship between Russia and Georgia let alone an agreement with her lost provinces is apparent." (Philipp Ammon)

You can order the book here: lehmanns.de

Tuesday, April 09, 2019

DOCUMENT: Heidi Tagliavini report on the August 2008 Five Day War between Russia and Georgia. Briefly commented by Andreas Umland

Andreas Umland is surprised that this Report on the August 2008 Five Day War between Russia and Georgia: Independent International Fact-Finding Mission [pdf] is often referred to as supporting the claim that Georgia is to be blamed for the war. The most important passage of the report from page 20 seems to be:

"The Georgian allegations of a Russian invasion were supported, inter alia, by claims of illegal entry into South Ossetia of a large number of Russian troops and armour, prior to the commencement of the Georgian operation. According to Georgian answers to the Mission´s questions, the process of building-up of Russian forces in South Ossetia had started in early July 2008, continued in the course of August and included troops and medical personnel, tents, armoured vehicles, tanks, self-propelled artillery and artillery guns. This process allegedly intensified in the night of 6 to 7 August and in the late evening of 7 August. Georgian allegations of Russian military build-up in South Ossetia prior to 8 August 2008 were denied, however, by the Russian side. According to the Russian information provided to the Mission, the first Russian units entered the territory of South Ossetia, and Russian air force and artillery began their attacks on Georgian targets at 14.30 on 8 August, i.e. immediately after the decision for an intervention was made by the leadership of the Russian Federation. The Mission is not in a position to consider as sufficiently substantiated the Georgian claim concerning a large-scale Russian military incursion into South Ossetia before 8 August 2008. However, there are a number of reports and publications, including of Russian origin, indicating the provision by the Russian side of training and military equipment to South Ossetian and Abkhaz forces prior to the August 2008 conflict. Additionally there seems to have been an influx of volunteers or mercenaries from the territory of the Russian Federation to South Ossetia through the Roki tunnel and over the Caucasus range in early August, as well as the presence of some Russian forces in South Ossetia, other than the Russian JPKF battalion, prior to 14.30 hours on 8 August 2008. Also it seems that the Russian air force started its operations against Georgian targets, including those outside South Ossetian administrative boundaries, already in the morning of 8 August, i.e. prior to the time given in the Russian official information."

The message seems to be that there was an ongoing covert Russian paramilitary or military invasion of Georgia before the war's start (naturally denied by Russia). Should have Tbilisi reacted, as it did, militarily or not?

More: EU Report On 2008 War Tilts Against Georgia [rferl.org]

Friday, June 29, 2018

CALL: Project Description “Traces Of Togetherness” - Stories of common roots of each others culture in Azerbaijan, Armenia, Georgia and Russia


Ulyanovsk / RU, 22.08.2018 – 01.09.2018

The project ToT brings together citizens of Russia, Azerbaijan, Armenia and Georgia to find and publish stories of common roots of each others culture.

One goal of the project is to enable people who are interested in story telling to improve their media skills as citizens journalists with the help of professional trainers. These "citizen journalists" will be trained in journalistic photography, videography, writing and multimedia/social media. The stories will be published online and as a brochure.

The second goal is to provide people from the participating countries - which partly face difficult political situations - the posibility to share, on a non-political basis their opinions and get to know each other better.

Five people from each of the countries will meet each other for ten days, End of August 2018 in the Russian city of Uljanovsk to present there stories of traces of Russian culture from their home countries and to research and present stories from traces of Caucasian life in Uljanowsk. Project language will be english (and russian).

Each country – group from the Caucasus will be joined by a mentor who chooses the participating "citizen journalists"  and coordinates the activities of the group in their home countries as well as during the workshop periode in Russia. After the workshop he/she promotes and partialy coordinates the following online story competition in their home countries.

It is also important to know, that the project funding is not 100% certain until now.
I hope to get definite commitments until mid of June....

Three "citizen journalists" and one mentor of each of the following countries:
Azerbaijan, Armenia, Georgia and Russia will meet in August in Uljanowsk/ RU to develope and/or improve their journalistic/media skills in text, photography, videography, multimedia storytelling and social media. We look for participants who are interested in journalism/storytelling and are NOT professional journalists. If they have experiences in some of the journalistic technics that would be fine. They also should speak - in best case – both English and Russian or at least one of those languages.

Beside the technical aspects the project aims to promote intercultural understanding and communication as well as empowerment of the members of the civil society.

Therefor the topic of the workshop is "traces of togetherness", wich means that the participants will focus on different traces of other/foreign cultures in their own surroundings. That means specifically that each caucasian country team will research and produce between one and three stories (photostory and/or video and/or text and/or multimedia) about Russian traces in there home countries, which will be shown at the beginning of the workshop stay in Uljanowsk.

In Uljanowsk each group together with Russian participants will research and produce stories about caucasian traces in the City of Uljanowsk.The results will be shown at the end of the stay in Uljanowsk as well. All of the stories will be published online as well as some of them in a publication after the workshop week. To give that project a perspective and to invite more people to start a carrier as citizen journalist in this four countries there will be an open (citizen journalistic) competition in September where everyone who is interested can participate ...





The tasks for the mentor of each country team are basically

•to find and select the participants who are open, interested and willing to be part of this project

•to coordinate the production of the first story(s) which will be produced before August in each country

•to coordinate (partly) the preparation of the travel

•to coordinate (partly) the stay of the group in Uljanowsk and

•to help with the preparation of the story competition after the stay in Russia in their own countries

For the participants/mentors all travel/visa cost and costs of living in Uljanowsk as well as the costs for the journalistic trainer will be covert. The mentors receive an allowance of 600 Euro for the whole project.

So generally we are looking for open minded people who enjoy exchanging there experiences with others despite of political, ethnical and /or social differences.

If you are interested or if you have more questions please email or call me
(Whats App, Messenger, Viber )!
My mobile number is +49 (0) 179 5420 175
matthias_schumann@yahoo.com
All the Best, Matthias Schumann


Funding is the Kulture Aktiv e.V., supported by Department of Foreign Affairs in Germany.

Wednesday, August 09, 2017

GESCHICHTE: Georgien zwischen Eigenstaatlichkeit und russischer Okkupation. Von Philipp Ammon (kitab-verlag.com)

(kitab-verlag.com) Wie kam es zu einer Entfremdung zwischen Russland und Georgien, zweier Länder desselben chalkedonisch-orthodoxen Glaubensbekenntnisses, deren kulturelle Verbindungen bis ins Frühmittelalter zurückreichen? Georgische Einflüsse lassen sich bereits am Glagolitischen Alphabet der Slawenapostel (9. Jh.) und der altrussischen Nestorchronik (12. Jh.) ablesen. Ebenso alt ist die russische Sehnsucht nach dem georgischen Paradiesgarten, dem Vyrïj-sad, dem Wohnsitz der Seelen der Verstorbenen, wohin die Vögel alljährlich zum Überwintern ziehen, welcher erstmals in der Belehrung Vladimir Monomachs (vermutlich 1117) Erwähnung findet. “Indeed, we began to believe that most Russians hope that if they live good and virtuos lives, they will not go to heaven, but to Georgia, when they die”, schreibt John Steinbeck 1948 in seinem Russian Journal von seiner Russlandreise mit Robert Capa.

Bei seiner Kirchenreform schwebt dem russischen Patriarchen Nikon (1605-81) die georgische Kirchenverfassung mit ihrem Ehrenvorrang der geistlichen Macht als sakrale Utopie vor. Nach der petrinischen Enthauptung der Kirche übernimmt im 19. Jh. die russische Literatur die Rolle des geistigen Gegengewichts zur weltlichen Macht und säkularisiert das Sehnsuchtsbild des großen Patriarchen zum arkadischen Traum. Pathetisch gesprochen ließe sich die russische Hinwendung zu Georgien ähnlich der deutschen Liebe zu Italien als „Sehnsucht der Mitternacht nach dem Licht“ bezeichnen.

Nach dem Fall Konstantinopels ersuchen georgische Könige erstmals 1483 das „weiße Russland des großen Nordens“ um Schutz, welchem nach der geschichtstheologischen Überhöhung des Pleskauer Mönchs Philotheos zum „Dritten Rom“ (um 1500) die Rolle zufällt, das Böse der Welt in Schach zu halten und die Schutzherrschaft über die orthodoxe Christenheit wahrzunehmen. Als Alexander II. von Kachetien 1586 angesichts der türkischen Bedrohung den Sohn Ivans des Schrecklichen ?ëdor um Schutz für sich und sein Volk bittet, kann dieser die Zusage seines militärischen Beistands zwar nicht einhalten, doch führen er und seine Nachfolger fortan den Titel „Herrscher des Iberischen Landes und der Georgischen Könige“. Für die Georgier beginnt „die Sonne im Norden aufzugehen“, wie es der Dichter Mamuk´a Barat´ašvili (18. Jh.) formuliert. Gänzlich entgeht den Georgiern die Säkularisierung Russlands seit Peter dem Großen. An die Stelle der „Heiligen Rus´“ tritt die „Große Rus´“, welche sich nicht mehr von eschatologischem Sendungsbewusstsein und religiöser Affinität, sondern von strategischen Interessen und ragione di stato leiten lässt. Das Missverständnis bedingt eine Entfremdung und eine Tragödie, die bis heute währt...

Philipp Ammon, Historiker u. Slawist, lebt in Berlin.

Saturday, November 29, 2014

STREITRAUM: »Denk ich an Russland ...« 14.12.2014, 12.00 Uhr, in Berlin (schaubuehne.de)

(schaubuehne.de) Mit Alice Bota, Marina Davydova, Nino Haratischwili und Katja Petrowskaja im Gespräch mit Carolin Emcke

schaubühne berlinObgleich über Russland nahezu täglich zu lesen und zu hören ist, scheint es uns immer fremder zu werden. Die politischen Debatten über die Ukraine sind gegenwärtig aufgeladen mit Zorn und wechselseitigen Vorwürfen. Vielleicht hilft es da, einen Blick auf Russland aus eher ästhetischer-literarischer Perspektive zu werfen. Wie lässt sich in dieser Situation von Russland (oder der Ukraine) erzählen, wie suchen Schriftstellerinnen, Dramaturgen und Journalistinnen nach einer Form, nach einer Sprache, in der sich nach einem Zugang zur Geschichte, zu den Menschen suchen lässt? Ist es der Fiktion möglicherweise eher möglich, ein genaues Dokument der Gegenwart zu zeichnen? Hilft die Nähe der Beobachtung oder hilft Distanz? 

Schaubühne am Lehniner Platz 
Kurfürstendamm 153
10709 Berlin
Zentrale: Tel +49.30.890020

Tuesday, October 07, 2014

FILM & CROWDFUNDING: Tschetschenischer Kinoabend in Berlin - Crowdfunding-Aktion - „Erinnern verboten“ („Prikazano zabyt'“, 2014) . Von Hussein Erkenow

Am Donnerstag, dem 23. Oktober 2014, um 19 Uhr wird im Kino Krokodil der Regisseur Hussein Erkenow seinen Film vorstellen.


In seinem Spielfilm „Erinnern verboten“ („Prikazano zabyt'“, 2014) nimmt sich Hussein Erkenow einer traumatischen Geschichte an. Im kalten Februar 1944 sollen auf Stalins Befehl alle Tschetschenen nach Zentralasien deportiert werden. Viele, darunter auch das Liebespaar Daud und Seda, können sich in den Bergen verstecken. Als sie jedoch in ihr Heimatdorf Haibach zurückkehren, ist es zerstört und menschenleer... 

In den letzten Jahren kommen viele tschetschenische Flüchtlinge nach Deutschland. Wollt ihr mehr über die Geschichte Tschetscheniens und das Land heute erfahren? Mit dem Projekt zErinnern verbotenoe wollen wir den in Russland verbotenen Film aus Tschetschenien in Berlin zeigen.

Damit der Regisseur nach Berlin reisen kann, haben wir eine Crowdfunding- Kampagne gestartet:


Video Prikazano zabyt from Dorothee Riese on Vimeo.


startnext.de

Als Dankeschön für die Unterstützung gibt es Eintrittskarten, vom Regisseur signierte DVDs oder sogar eine Einladung zu einem nordkaukasischen Buffet in Berlin und vieles mehr. Ihr könnt das Projekt mit einem Beitrag unterstützen. Toll ist es auch, wenn ihr euch auf der Webseite als zFansoe eintragt und den Link an Freund_innen und Bekannte weiterleitet. Schreibt uns gerne, wenn ihr Fragen habt!

Viele Grüße und herzlichen Dank,

Manarsha Isaeva und Dorothee Riese


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Zur Filmvorführung:

Am Donnerstag, dem 23. Oktober 2014, um 19 Uhr wird im Kino Krokodil der Regisseur Hussein Erkenow seinen Film vorstellen. Im Anschluss gibt es ein Gespräch mit dem Regisseur. Das historische Drama "Erinnern verbotenoe ("Prikazano zabyt'", 2014) nimmt sich einer traumatischen Geschichte an. Im kalten Februar 1944 befiehlt Stalin die Deportation der Tschetschenen nach Zentralasien. Viele, darunter auch das Liebespaar Daud und Seda, können sich in den Bergen verstecken. Als sie jedoch in ihr Heimatdorf Haibach zurückkehren, ist es zerstört und menschenleer. In der Sowjetunion war es verboten zu erzählen, was mit den Dörflern geschah. Erkenow unternimmt einen ersten Versuch das Schweigen zu brechen. zErinnern verbotenoe, der auf dem Moskauer Filmfestival im Juni 2014 für Aufmerksamkeit sorgte, wurde unter dem Vorwurf, der Film schüre interethnischen Hass und es handele sich um eine historische "Fälschung", vom russischen Kulturministerium nicht für den Filmverleih freigegeben. Die Veranstaltung wird unterstützt von der Gesellschaft für Bedrohte Völker.


Sunday, September 14, 2014

REPORTAGE: Ans vergessene Erinnern - Patrick Chauvel (info.arte.tv)

(info.arte.tv) Ans vergessene Erinnern - Patrick Chauvel

Im Jahr 1994 antwortet der damalige russische Präsident Boris Jelzin mit einer Militär-Offensive auf die Revolte der Tschetschenen und ihren Wunsch nach Unabhängigkeit von der Russischen Föderation. Anhand seiner Fotos von damals erzählt Chauvel über diesen Krieg, seine Begegnungen mit den harten tschetschenischen Kämpfern, den jungen unerfahrenen russischen Soldaten, den Menschen in Grosny und auch mit seiner Kollegin, der Kriegsfotografin Heidi Bradner...

Die Schlacht um Grosny

Im Jahr 1994 antwortet der damalige russische Präsident Boris Jelzin mit einer Militär-Offensive auf die Revolte der Tschetschenen und ihren Wunsch nach Unabhängigkeit von der Russischen Föderation. Der Widerstand der tschetschenischen Kämpfer aber überrascht die russischen Soldaten, es gelingt ihnen nicht, den Aufstand schnell niederzuschlagen. Der Kriegsfotograf Patrick Chauvel ist in Grosny, als der Konflikt ausbricht und wird Zeuge der ungeheuren Grausamkeit mit der die Gegner sich gegenseitig massakrieren. Anhand seiner Fotos von damals erzählt Chauvel über diesen Krieg, seine Begegnungen mit den harten tschetschenischen Kämpfern, den jungen unerfahrenen russischen Soldaten, den Menschen in Grosny und auch mit seiner Kollegin, der Kriegsfotografin Heidi Bradner…

Von Patrick Chauvel, Louis-Pascal Couvelaire und Ophélie Lerouge – ARTE GEIE / Actarus Films – Frankreich 2014


patrick-chauvel.com

Monday, June 09, 2014

VIDEO: Georgiens Angst vor dem russischen Riesen. Von Roman Schell (info.arte.tv)

(info.arte.tv) Das Vorgehen Russlands auf der Krim und in der Ost-Ukraine weckt große Ängste in Georgien. Seit der russischen Besetzung Südossetiens 2008 fürchtet man sich dort vor einer weiteren russischen Expansion. Bis Ende Juni will das Land ein Assozierungabkommen mit der EU unterzeichnen. Nun drückt die Regierung in Tiflis aufs Tempo. Über die Sorgen und Ängste vor dem übermächtigen Nachbarn, eine Reportage von Roman Schell.

Saturday, May 31, 2014

A TIMELY EXHIBITION: Legacy at Side Gallery - Russia, Ukraine, Georgia & South Caucasus. Curated by George Georgiou

Legacy at Side Gallery, curated by George Georgiou, celebrates some of the best documentary photography coming out of this torn and fertile ground.

The second of Side Gallery’s Eurovisions exhibitions, linked to the 25th anniversary of the fall of the Berlin Wall, Legacy looks at the new East-West borderlands of the former Soviet Union republics. Struggles for independence and identity take place against the intensifying backdrop of a geo-political battle between Russia and European Union. — mit Mila Teshaieva, Oksana Yushko, Kerry Side-Gallery, Justyna Mielnikiewicz, Rafal Milach, Maria Morina, Donald Weber, Olga Kravets und Lucia Ganieva hier: Newcastle upon Tyne, United Kingdom.



CURRENT EXHIBITION

(amber-online.com/side-gallery) LEGACY: Russia, Ukraine, Georgia, & The Caucasus

George Georgiou, Lucia Ganieva, Mila Teshaieva, Rafal Milach, Justyna Mielnikiewicz, Donald Weber, Olga Kravets, Maria Morina, Oksana Yushko, Alexander Chekmenev

Saturday 17 May - Sunday 20 July

The second of Side Gallery’s Eurovisions exhibitions, linked to the 25th anniversary of the coming down of the Berlin Wall, Legacy looks at the new East-West borderlands of the former Soviet Union republics. Struggles for independence and identity take place against the intensifying backdrop of a geo-political battle between Russia and European Union. Through a series of imaginative landscapes the exhibition explores shared histories, isolation and engagement, tradition and the desire for modernity.

Curated by George Georgiou, who brings his own work, IN THE SHADOW OF THE BEAR, it celebrates some of the best documentary photography coming out of this torn and fertile ground.

In Udmurtia, in the heart of the Russian landmass, Lucia Ganieva explores DREAMING WALLS, the exotic photolandscapes opening up from domestic interiors that are a recurring motif throughout the region. From her Caspian Sea project, PROMISING WATERS, Mila Teshaieva shows her work on Azerbaijan, its vast oil and gas reserves shape shaping the senses of both state power and individual insecurity.

In BLACK SEA CONCRETE, Rafal Milach explores Ukraine and Crimea: ‘Once the whole Soviet Union took its holidays in the resorts of the Black Sea. Soviet vacationers left behind Soviet architecture, mentality and sentiment.’ Fellow Polish member of the international collective Sputnik Photos, Justyna Mielnikiewicz has lived in Georgia for 12 years – WOMAN WITH A MONKEY is her tribute to an ‘unpredictable, timeless, Fellini-esque country, both cruel and hilarious.’

Donald Weber’s INTERROGATIONS opens up on the policemen, working girls, thugs, dissidents and hustlers in Ukranian police stations, their disturbing portraits expanding or sense of what it means to be a bit part in the dark opera of encounters with power. In GROZNY: NINE CITIES, members of the Russian photography collective Verso Images, Olga Kravets, Maria Morina and Oksana Yushko have created a multimedia photo novel exploring the different aspects of the Chechnyan city reduced to rubble in two wars.

Legacy was planned in 2013, before the events in Ukraine, which continue to unfold. The portraits in Ukranian photographer Alexander Chekmenev’s WARRIORS are from the barricades of Euromaidan in Kiev and were taken during the February revolution.

Wednesday, April 30, 2014

INTERVIEW: Peter Voß fragt Jörg Baberowski: Peter Voß fragt Jörg Baberowski (3sat.de)


(3sat.de) "Die Ukraine (war) das Kernland des alten Imperiums. Der russische Gründungsmythos beginnt in Kiew", sagt der Historiker Jörg Baberowski. Was hat die Vergangenheit mit der aktuellen Krimkrise zu tun? Wie hat der Westen beim Konflikt in der Ukraine versagt?

Stalin und der Stalinismus ist ein ewiges Leit- und Leidthema der jüngeren russischen Geschichte, aber keineswegs nur dieser. Der Osteuropa-Experte Jörg Baberowski hat mit seiner 2012 erschienen Studie "Verbrannte Erde - Stalins Herrschaft der Gewalt" über die Bedeutung Stalins im stalinistischen Terrorsystem kontroverse Diskussionen ausgelöst. Darin hatte er den Stalinismus als Rückfall in eine archaische Gewaltherrschaft, und damit als Fremdkörper im sowjetischen Modernisierungsprojekt gedeutet. Baberowski erzählt die Geschichte der stalinistischen Gewaltexzesse und beschreibt Stalin als einen Psychopathen und passionierten Gewalttäter.



Die Gewaltherrschaft Stalins

Das bolschewistische Projekt, so die These des Buches, bot eine Rechtfertigung für den Massenmord, aber es schrieb ihn nicht vor. Stalin war Urheber und Regisseur des Terrors. Laut seiner Studie über die stalinistische Herrschaft ließen sich deutliche Parallelen zum Nationalismus erkennen, so zum Beispiel im Ausmaß der Gewalt. Baberowski erforschte in den russischen Archiven, wie grausam Stalin und seine Schergen waren. Bereits 1918 gab es in Russland Konzentrationslager. Nahe Moskau haben vier Leute in einem Jahr 20.000 Menschen erschossen. Die Bolschewisten konnten ihre schwache Machtposition nur durch einen gnadenlosen Krieg gegen die eigene Bevölkerung durchsetzen.



Auf der Leipziger Buchmesse wurde Baberowski in der Kategorie "Sachbuch/Essayistik" ausgezeichnet. Die Jury begründet ihre Bewertung mit der Verbindung von Baberowskis Quellennähe und seiner klugen Kritik tradierter Deutungen. Er widerstehe der Versuchung, die Gewalt zu rationalisieren.

Warum einen ungewollten Staat erhalten?

In der Krimkrise rät Baberowski zu einem Verständnis für Putin und die Mehrheit der Russen. Er wirft dem Westen Europas und der USA vor, das sowjetische Imperium und die Rolle der Ukraine nicht verstanden zu haben. Für die Russen sei die Ukraine der mythische Geburtsort ihres Landes. Die Ukraine sei kein einheitlicher Nationalstaat, und die Krim habe immer eine Sonderrolle gespielt. Gegenüber dem Deutschlandradio Kultur wirft er die provokante Frage auf: "Warum kann die Krim nicht haben, was für die Südtiroler selbstverständlich ist? Wieso soll für alle Zeit ausgeschlossen sein, dass sich der östliche vom westlichen Teil der Ukraine trennt? Solches Recht haben auch Tschechen und Slowaken für sich in Anspruch genommen, und es ist kein Krieg daraus geworden."

Im Konflikt um die Ukraine verweist Jörg Baberowski auf die Autonomie der Südtiroler oder die Trennung von Tschechen und Slowaken. Dies seien Modelle in Westeuropa, die gewaltfrei erprobt wurden. Der Geschichtsprofessor sieht darin eine potentielle Lösung. Auch ein mögliches Auseinanderbrechen der Ukraine hält Baberowski nicht für tragisch, sofern gewalttätige Konflikte verhindert würden. "Der Souverän ist das Volk, und wenn die Mehrheit der Wähler im Osten nicht mehr Teil der Ukraine sein will, dann ist es eben so. Warum sollte man denn einen Staat erhalten, dessen Bürger ihn gar nicht wollen?", äußert er gegenüber der Deutschen Welle.

Die russische Sicht der Dinge

Nicht nur die Krim, sondern auch die Gebiete im Osten der Ukraine sollen sich abspalten dürfen, meint Baberowski. Der Westen habe in der ukrainischen Krise versagt, weil er die Geschichte der Ukraine nicht begreife. "Jetzt tut der Westen so, als könne man die Ukraine in die Nato aufnehmen - das ist naiv", postuliert er im Interview des Deutschlandradios. Die Westukrainer hätten mit Hitler kollaboriert, während die Ostukrainer als Soldaten in der Roten Armee kämpften. Die Geschichtserinnerung sei deshalb im Westen und im Osten grundsätzlich unterschiedlich. Erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe die Ukraine zu einer Nation werden müssen.

Die provokanten Thesen des Berliner Professors rufen viel Kritik hervor. Baberowski wird Blindheit gegenüber der Existenz einer selbständigen ukrainischen Geschichte vorgeworfen. Er vernachlässige, dass sich in der Ukraine nach über zwanzig Jahren staatlicher Unabhängigkeit eine demokratische Zivilgesellschaft gebildet habe, und übersehe die postsowjetische Generation, die sich nicht mehr in ethnischen, sondern in staatsbürgerlichen Kategorien definiere.

Sehen Sie am Montag, 28. April 2014, 23.10 Uhr ein Gespräch von Peter Voß mit Jörg Baberowski, in dem dieser den Historiker fragt: "Verstehen wir Russland?"

Vita

Jörg Baberowski ist Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität in Berlin. Der 1961 am Bodensee geborenen Historiker studierte Geschichte und Philosophie in Göttingen, erlernte selbstständig die russische Sprache und verfasste Studien über die politische Justiz im ausgehenden Zarenreiche und den Stalinismus im Kaukasus. 2012 erhielt er für sein Buch "Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt" den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie "Sachbuch/Essayistik".

Thursday, April 24, 2014

KUNST: Taus Makhacheva: „A Walk, A Dance, A Ritual“ - in der GfZK Leipzig (gfzk-leipzig.de)

(gfzk-leipzig.de) Kunstpreis "Europas Zukunft" 2014
kuratiert von Ilina Koralova
12. April – 29. Juni 2014, Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig


Taus Makhacheva, Gamsutl, HD video, 16.01 min, colour, sound, Dagestan, 2012


Die Ausstellung "A Walk, A Dance, A Ritual" zeigt zum ersten Mal in Deutschland eine umfangreiche Auswahl von Arbeiten Taus Makhachevas, der Preisträgerin des Kunstpreises "Europas Zukunft" 2014.

Taus Makhacheva stammt aus der russischen Republik Dagestan im Kaukasus. Ihr Interesse für die komplexe Beziehung zwischen Geschichte, Gegenwart und Erinnerungspolitik hängt mit der Geschichte des Landes zusammen und bildet den Ausgangspunkt der meisten ihrer in der GfZK präsentierten Werke. Mittels ihres bevorzugten Mediums Video, aber auch in Fotografien, Installationen und Objekten, untersucht und reflektiert sie Motive und Begriffe der Kunstgeschichte, der Anthropologie und Kulturwissenschaften. Die Aufmerksamkeit der Künstlerin richtet sich immer wieder auf Traditionen, wie sie vor der Sowjetisierung der multi-ethnischen Regionen des Kaukasus existierten. Sie beschäftigt sich mit den Fragen: Was ist von dieser Vergangenheit übrig geblieben? In welcher Weise werden die Überbleibsel dieser Zeit und ihrer Traditionen in den heutigen Alltag integriert? – wo sie den Zweck erfüllen sollen, zur Konsolidierung der postsowjetischen Gesellschaft Dagestans beizutragen.

Die Perspektive der Künstlerin ist keineswegs eine nostalgische, vielmehr erfasst sie den Prozess des Verschmelzens, der Aneignung und Einverleibung und der Interaktion zwischen dem Altvertrauten und dem Fremden. In diesem Sinne setzt Makhacheva mit ihrer Arbeit der offiziellen ideologischen Behauptung einer authentischen kulturellen Identität etwas entgegen. Sie nimmt die „wiedererfundenen“ Traditionen, etwa die inzwischen durch und durch kommerzialisierten und überaus üppigen Hochzeitsfeiern (in „A Space of Celebration“, 2009) oder das neue Initiationsritual illegaler Autorennen (in „The Fast and The Furious“, 2011) gleichsam unter die Lupe.

Der Titel der Ausstellung „A Walk, A Dance, A Ritual“ verweist auf die Handlungen und Motive, die in Makhachevas Werk immer wieder eine Rolle spielen. In der Neubelebung vergessener Rituale und Gesten erkundet der Mensch mit seinem Körper – in vielen Fällen agiert die Künstlerin selbst in ihren Videos – sein unmittelbares (soziales) Umfeld in dem Bestreben, seine Umgebung zu erfassen, eine Verbindung zu ihr herzustellen und von ihr akzeptiert zu werden. So lotet Makhachevas künstlerische Praxis eine soziale Erfahrung aus, wie man sie nicht nur in den Gesellschaften des Kaukasus machen kann: den scheinbar unauflöslichen Widerspruch, zu einer bestimmten Gesellschaft oder Gemeinschaft zu gehören und sie gleichzeitig wie ein Außenstehender zu beobachten.

Taus Makhacheva wurde 1983 in Moskau geboren. 2012 erhielt sie den "Innovation Prize", den russischen Staatspreis für zeitgenössische Kunst, in der Kategorie "New Generation", (mit dem Projekt "The Fast and The Furious"), 2011 wurde sie für den Kandinsky-Preis, Kategorie "Media Project of the Year", nominiert. Ihren Bachelor der bildenden Künste hat sie am Goldsmiths College, London, gemacht und ihren Master of Arts am Royal College of Art, London.

Ausstellungen (Auswahl): Story Demands to be Continued (2013, Ausstellungshalle der Künstlervereinigung der Republik Dagestan, Makhachkala), Love me, Love me not (2013, 55. Biennale von Venedig, Collateral Event), Re: emerge – Towards a New Cultural Cartography (2013, 11 Sharjah Biennial), Liverpool Biennial 2012: City States – Makhachkala, Topography of Masculinity (LJMU Copperas Hill Building), Rewriting Worlds (2011, The Fourth Moscow Biennale of Contemporary Art, Main Project, ArtPlay Сentre), Greater Caucasus (2011, PERMM Museum of Contemporary Art, Perm); Affirmative Action (Mimesis) (2011, Laura Bulian Gallery, Mailand), Practice for Everyday Life (2011, Calvert 22, London), History of Russian Video Art, Volume 3 (2010, Moscow Museum of Modern Art)

Der Kunstpreis >Europas Zukunft< wurde 2003 von Matthias Brühl und Dietmar Schulz in Zusammenarbeit mit der GfZK aus dem Wunsch heraus ins Leben gerufen, europäische Künstler und Künstlerinnen für ihre Arbeit auszuzeichnen. Der mit 5000 Euro dotierte Preis ist inzwischen eine wichtige Auszeichnung im Bereich der gegenwärtigen Kunst. Er ist nicht an ein konkretes künstlerisches Projekt gebunden und beinhaltet nicht den Ankauf eines Werkes, sondern ist als eine Ermutigung für Künstlerinnen und Künstler gedacht, ihren Weg fortzusetzen. Dank seiner Stifter ist der Preis zu einem Beispiel für die langfristige Verbindung zwischen Kunst und privatem Engagement geworden.

"Heute gibt es viele Konzepte darüber, was Europa ist oder sein sollte. Deutschland könnte im besten Fall eine wichtige Mittlerrolle spielen und ein friedliches Miteinander fördern. Es ist wichtig, den Austausch zu unterstützen, und in der Kunst sehen wir ein geeignetes Mittel, um sich miteinander zu beschäftigen, ohne sich gleich politisch oder wirtschaftlich zu binden." Matthias Brühl, Dietmar Schulz, Preisstifter

Mit der freundlichen Unterstützung von peri foundation.


E n d e a v o u r HD video / 9.00 min., colour, sound / Tsada mountain village, Dagestan, 2010 from Taus Makhacheva on Vimeo.


more: vimeo.com/tausmakhacheva

more links:
Her Dagestan Taus Makhacheva Profiles BY Stephanie Baile [artasiapacific.com]
Taus Makhacheva Hall of the Artists’ Union, Makhachkala, Russia [frieze.com] 

At the Crossroads: Conversation with Taus Makhacheva

Wednesday, March 05, 2014

KRIM-KRISE: Georgischer Schriftsteller Lascha Bakradse im Interview mit Tatjana Montik: «Ein Imperialismus des 19. Jahrhunderts» (nzz.ch)

Georgien bekennt sich ohne Wenn und Aber zu den westlichen Werten der Aufklärung. Im Bild: Eine zerstörte Militarbasis in Gori (Aufnahme vom 16. September 2008). (Bild: Keystone / EPA / Zurab Kurtsikidze)

(nzz.ch) Für Georgier bietet die russische Usurpation der ukrainischen Krim in Bezug auf Machtanspruch und Vorgehen ein Déjà-vu. Tatjana Montik hat sich mit dem georgischen Schriftsteller Lascha Bakradse unterhalten.

Ihre Heimat Georgien möchte demnächst einen Assoziierungsvertrag mit der EU unterzeichnen. Was hat Georgien Europa zu bieten?

Wir könnten viele neue Farben nach Europa bringen, denn wir besitzen eine eigenständige alte Kultur, die am Schnittpunkt zwischen Europa und Asien liegt. Unsere Tänze, unser polyfoner Gesang und unser Alphabet, um nur ein paar Dinge zu erwähnen, sind einzigartig. Und wir sind eine Landbrücke zwischen Europa und Asien. Wirtschaftlich könnte Georgien für eine europäische unabhängige Energiepolitik von Bedeutung werden, denn man sieht in Europa langsam ein, dass die Energieabhängigkeit von Russland gefährlich ist.

Welche europäischen Wurzeln besitzt Georgien?

Zur Zeit der Argonauten war Westgeorgien, Kolchis genannt, ein Teil der damals im Westen bekannten Welt. Dazumal gab es noch keine Grenze zwischen Europa und Asien. Neben der geografischen Lage ist es heute entscheidend, zu welchen Werten sich ein Land bekennt. Und Georgien bekennt sich ohne Wenn und Aber zu den westlichen Werten der Aufklärung. Hinzu kommt der christliche Glaube, der eine der wichtigsten Komponenten unserer Identität darstellt. Die Georgier haben sich immer als Teil der Christenheit verstanden.

Viele Europäer wissen gar nicht, wo Georgien liegt. Wann ist das Land Europa verloren gegangen?

Spätestens dann, als die Russen sich hier breitgemacht haben. Im 18. Jahrhundert wollte Georgien über Russland Europa näherkommen. Die georgischen Könige hatten Georgien während der Mongolenzeit jahrhundertelang gegenüber den muslimischen Nachbarn als christliches Land verteidigt und suchten schliesslich Hilfe bei Russland. Doch Russland hat in der Folge alle Verträge mit Georgien gebrochen – etwa den Vertrag von Georgijewsk von 1783, gemäss dem Georgien sich der Oberhoheit und dem Schutz Russlands unterstellte, seine Krone jedoch behalten durfte. Später hat Russland Georgien annektiert. Wir wurden zwar nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 unabhängig, doch viele sehen uns noch immer als Teil Russlands. Man hat im Westen die Geschichte der russischen Grossmachtpolitik im Süden nicht ordentlich studiert. Und daher fällt es dem Durchschnittseuropäer schwer, zu verstehen, was derzeit in der Ukraine und auch in Georgen passiert.

Was unterscheidet Russland von Europa?

Russland hat die europäische Aufklärung und die europäischen demokratischen Revolutionen verpasst. Der Autoritarismus und der Klientelismus seiner Politik speisen sich nach wie vor aus asiatisch-mongolischer Tradition der Machtausübung. Gerade jetzt in der Ukraine sehen wir deutlich, wie es funktioniert: Wer nicht kuscht oder sich kaufen lässt, wird drakonisch bestraft. Das ist nicht die Politik des 21. Jahrhunderts, sondern des 19. Jahrhunderts – klassisches imperialistisches Denken.

Am Wochenende haben die Russen die Halbinsel Krim okkupiert nach einem Schema, das die Georgier von ihren Provinzen Abchasien und Südossetien kennen, die heute russische Protektorate sind. Zuerst stiftet man Unruhe und schürt «Gefahr» und lässt dann die russischstämmige Bevölkerung das Mutterland um Hilfe anrufen. Natürlich ist man dann schnell und gern da in der «Not».

Was über der Auseinandersetzung zwischen Ukrainer und Russen vergessen geht, ist, dass die Krimtataren die ursprüngliche Bevölkerung auf der Krim darstellen. Sie haben eine äusserst interessante Kultur und Geschichte, sind jedoch heute durch die russische Willkürherrschaft zu einer kleinen Minderheit geschrumpft. Die Krimtataren gehörten zu den Völkern, die Stalin während des Zweiten Weltkriegs wegen angeblicher Kollaboration mit den Deutschen als Ganze nach Zentralasien umgesiedelt hat. Innerhalb weniger Tage wurden über 180 000 Menschen unter fürchterlichen Bedingungen per Zug verfrachtet, rund ein Drittel kam beim Transport ums Leben. Erst nach dem Zerfall der UdSSR durften sie zurückkehren.

Als Opfer russischer Gewaltgeschichte gelten die Krimtataren heute als proukrainisch.

Sie sind eine proukrainische, aber auch eine proeuropäische Kraft. Der Modernisierungswille der russischen Tataren (nicht zuletzt in Bezug auf den Islam) folgte europäischen Vorbildern, dasselbe war in Georgien der Fall. Ismail Gaspirali war für sie als Aufklärer eine ebenso wichtige Figur wie für uns Ilja Tschawtschawadse.

Wie sehen Sie die Perspektiven Georgiens?

Für uns geht es heute nicht mehr darum, ob wir nach Asien oder nach Europa gehören. Wir wollen nach Europa – alle Umfragen sprechen eine deutliche Sprache. Allerdings müssen wir erkennen, wie effizient die russische Propaganda in Georgien arbeitet: Europa und der Westen werden verteufelt, wo immer es nur geht, und es gibt bei uns Leute, die auf diese Desinformation tatsächlich hereinfallen. Nach dem russischen moralischen Desaster auf der Krim wird diese Form der Aggression noch zunehmen. Wichtig ist, dass sich unsere Bevölkerung dagegen resistent zeigt.

Welche Möglichkeiten gibt es denn, den russischen Machtansprüchen wirksam entgegenzutreten?

Man sollte den Menschen die Wahrheit über Europa und den Westen noch eindringlicher und verständlicher erzählen. Europa unternimmt hier kaum etwas. Für viele Georgier ist es sehr schwer, ein Visum für europäische Länder zu bekommen. Wichtig ist auch Europas wirtschaftlicher Einfluss. Wir dürfen nicht das Gefühl bekommen, gegenüber Russland alleine gelassen werden.

Welche Rolle spielt denn die georgische orthodoxe Kirche?

Sie ist so etwas wie die fünfte Kolonne Russlands in Georgien. Der Idee der Einheit der orthodoxen Kirche verpflichtet, wirkt sie stark prorussisch, ob bewusst oder unbewusst.

Bald wird der russische Patriarch Kyrill nach Georgien reisen. Manche meinen, Georgien solle den Assoziierungsvertrag mit der EU unbedingt noch vor diesem Besuch unterzeichnen.

Ein Assoziierungsabkommen ist keine Garantie – man sollte davon nicht zu viel erwarten. Von europäischer Seite sollte noch deutlicher gesagt werden, dass uns dieser Vertrag die Türen öffnet. Es steht zu befürchten, dass die Russen auf uns einen ähnlichen Druck ausüben wie auf die Ukraine.

Nach dem Regierungswechsel im Herbst hat sich die neue georgische Führung wesentlich russlandfreundlicher gegeben. Hat das etwas genützt?

Ich glaube, unsere neue Regierung hat inzwischen eingesehen, dass die Politik der ausgestreckten Hand nicht viel Gutes bringt. Unser Premierminister Garibaschwili hat vor kurzem bei seiner Reise in die USA klare Worte gesprochen. Russland versteht die Politik der Sanftheit überhaupt nicht, weil es diese Sanftheit als Schwäche versteht. Zwanzig Prozent des georgischen Territoriums halten die Russen mittlerweile völkerrechtlich illegal besetzt. Jetzt ist die Krim an der Reihe. Wir selber haben im Georgien-Krieg geblutet, als wir versuchten, uns gegen diese Entwicklung zu stellen. Ich befürchte, dass es auch auf der Krim so weit kommen kann.

Interview: Tatjana Montik

Lascha Bakradse, geboren 1965 in Tiflis, ist Publizist, Historiker, Literaturwissenschafter, Journalist, Drehbuchautor und Schauspieler. Er studierte in Tiflis, Jena, Bern, Potsdam und Berlin. Derzeit unterrichtet Bakradse an den Universitäten von Tiflis und ist gleichzeitig Direktor des dortigen Giorgi-Leonidze-Literaturmuseums.

Tuesday, February 11, 2014

GEOPOLITIK: Russlands Stellung im Südkaukasus. Von Uwe Halbach, Franziska Smolnik. (swp-berlin.org)

(swp-berlin.org) SWP-Aktuell 2014/A 01, Januar 2014, 8 Seiten
Von  Uwe Halbach, Franziska Smolnik

In seiner Jahresansprache vor der Föderalversammlung am 12. Dezember 2013 betonte Präsident Vladimir Putin, Russland strebe nicht die Rolle einer Hegemonialmacht an, die anderen Staaten ihren Schutz aufdrängt oder sie belehrt. Vielmehr wolle sein Land Vorreiter sein bei der Verteidigung des internationalen Rechts und der Souveränität der Völker. Zuvor hatte Russland allerdings den Vorwurf provoziert, es wolle sein »nahes Ausland« im gemeinsamen Nachbarschaftsraum mit der Europäischen Union von Assoziierungsabkommen und Freihandelszonen mit der EU abbringen und für sein Projekt eurasischer Integration gewinnen. Dafür bediene es sich aller verfügbaren Einflusshebel wie energiewirtschaftlicher sowie handels-, migrations-, konflikt- und sicherheitspolitischer Instrumente. Im Umfeld des Gipfeltreffens der Östlichen Partnerschaft der EU in Vilnius Ende 2013 stand zwar die Ukraine im Mittelpunkt internationaler Aufmerksamkeit. Doch auch der Südkaukasus fällt hier ins Gewicht. Nachdem Armenien und die Ukraine von einem Assoziierungsabkommen mit der EU Abstand genommen haben, ist Georgien nun ein Vorreiter im Prozess der Annäherung an Europa und rechnet mit verstärktem Druck aus Russland. Das wirft die Frage auf, wie stark Russland in dieser Region eigentlich verwurzelt ist – wirtschaftlich, sicherheitspolitisch, historisch und kulturell.

Zum Volltext [pdf] 

INTERVIEW: Friedliche Spiele im Kaukasus - Interview mit Uwe Halbach. Von Armin Siebert (german.ruvr.ru)

Dr. phil. Uwe Halbach(german.ruvr.ru) STIMME RUSSLANDS Der Kaukasus ist die Heimat vieler Völker und seit Jahrhunderten eine Gegend friedlichen Miteinanders, aber auch Brennpunkt vieler Konflikte. Die Tschetschenienkriege, der Konfrontation zwischen Russland und Georgien, die Unabhängigkeitsbestrebungen von Abchasien und Süd-Ossetien und der verbissene Kampf um die Region Bergkarabach sorgen seit dem Zerfall der Sowjetunion für Spannungen. In unmittelbarer Nachbarschaft finden nun die Olympischen Winterspiele statt. Kaukasus-Experte Uwe Halbach von der Stiftung Wissenschaft und Politik hofft auf friedliche Spiele.

Podcast hier >>>

FERNSEHEN: Die Story im Ersten: Putins Spiele. Ein Film von Golineh Atai und Udo Lielischkies (youtube.com)


(youtube.com) Er ist der Pate dieser Winterspiele. Wladimir Putin, der sich im subtropischen Sotschi eine prunkvolle Residenz bauen ließ, will genau hier der Welt Russlands Größe demonstrieren. Und die eigene Allmacht: ein olympisches Wintermärchen, aus dem Boden gestampft, dramatisch teurer als alle bisherigen Spiele.

Link: daserste.de

Er ist der Pate dieser Winterspiele. Wladimir Putin, der sich im subtropischen Sotschi eine prunkvolle Residenz bauen ließ, will genau hier der Welt Russlands Größe demonstrieren. Und die eigene Allmacht: ein olympisches Wintermärchen, aus dem Boden gestampft, dramatisch teurer als alle bisherigen Spiele.

Das staatsnahe Fernsehen zelebriert derweil den Weg des olympischen Feuers quer durch Putins Riesenreich. Bejubelt von Rentierzüchtern und Bergleuten, im Kaukasus und im fernen Osten. Die ARD-Korrespondenten Golineh Atai und Udo Lielischkies sind der Fackel durch Russland gefolgt und schauten sich um, wenn der olympische Tross weitergezogen war.

In der Industriestadt Norilsk, bei Pferdezüchtern in Jakutien, im terrorgeplagten Dagestan, in der Schwulen-Gemeinde St. Petersburgs. Was denken die Menschen dort? Ist Putins glanzvolle Sotschi-Inszenierung ein kraftvolles Aufbruchssignal in Richtung Moderne? Oder doch nur milliardenschweres Blendwerk fürs Wahlvolk, um die grassierende Korruption und Bürokratenwillkür im Land zu überstrahlen?

Ein Film von Golineh Atai und Udo Lielischkies

Wednesday, February 05, 2014

DISKUSSION: Dokumentation "Brot & Spiele" zur Eröffnung der Winterspiele 2014 in Sotschi am 7. Februar 2014 in Berlin

Einladung zu Film & Diskussion am 7. Februar 2014 in Berlin

"Brot & Spiele" zur Eröffnung der Winterspiele 2014 in Sotschi

Pascha steht vor seinem ehemaligen Haus und blickt auf eine Bauruine.
Zu Beginn der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 am 7. Februar laden iDecembrists e.V. und die Humboldt Universität zu Berlin zur Film- und Diskussionsveranstaltung "Brot & Spiele" ein.

Sotschi 2014 ist ein Medienereignis, bei dem schon im Vorfeld die kontroversen Positionen ausgespielt wurden, was einen kritischen Blick auf die russische sowie die deutsche Medienöffentlichkeit erfordert. Doch was bedeutet das Mammutprojekt Sotschi 2014 für ein Russland, das zunehmend die Großmachtrolle anstrebt, für die Kaukasus- Region, was sagt seine Umsetzung aus? Was verspricht der Ausbau einer Wintersportmetropole auf der einstigen Sowjetischen Riviera, was macht Sotschi 2014 für die multiethnische Lokalbevölkerung, indigene Kaukasus-Völker und die nahe Georgisch-Abchasische Grenzregion aus?

Diesen Fragen, darunter der Menschenrechtsproblematik, der Tscherkessen-Frage, den Plänen der Kurortentwicklung im Kaukasus und realen Zukunftsaussichten für die Region nach Sotschi 2014, gehen wir mit Experten und Vertretern der Russischen Föderation in der Diskussion nach.

Podium

o Dr. Uwe Halbach, Kaukasus-Experte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik

o Stefan Melle, Geschäftsführer des Deutsch-Russischen-Austausches e.V.

o Jakob Rühle, Produzent bei Sinafilm GmbH (angefragt)

o Ein Vertreter der Russischen Botschaft ist angefragt

Moderation: Moritz Gathmann, Journalist

Film-Preview

Als Preview werden spannende Ausschnitte aus "Constructing Sochi" gezeigt (2014, Regie: Steffi Wurster, OmdU). Die Dokumentation ist in Sotschi zwischen 2010 und 2013 als Langzeitbeobachtung entstanden, und feiert schon im Februar in Berlin Premiere. Ihre Protagonisten sind Einwohner, die dem Jahrhundertbau weichen mussten, Glamour- Politiker, Öko-Aktivisten, Bauarbeiter. Die Dokumentation bleibt ausgewogen und differenziert, zeigt aber gleichzeitig ungeschönt die Realität der teuersten Winterspiele der Welt. Produzent Jakob Rühle (Sinafilm GmbH) führt in den Film ein. Weitere Informationen: http://sinafilm.de/constructing-sotschi/

Ort: Humboldt Universität zu Berlin, Dorotheenstraße 26, Hörsaal 207, 2. OG
Zeit: Freitag, 7. Februar 2014, 18 Uhr
Eintritt frei, Spenden erbeten
www.idecembrists.de

Mehr zu Sotschi: https://twitter.com/TerekMedia